Bahn-Bündnis: Mehr gegen Verfall kleiner Bahnhöfe tun
Berlin (dpa) - Die Allianz pro Schiene fordert mehr Engagement für Bahnhöfe in kleinen Orten. „Mehr als die Hälfte der kleinen Bahnhöfe in Deutschland sind in einem unbefriedigenden Zustand. Aus Sicht der Reisenden ist da sehr viel zu tun“, sagte der Geschäftsführer des Bündnisses zur Förderung des Schienenverkehrs, Dirk Flege, der Deutschen Presse-Agentur.
Die Deutsche Bahn widersprach dieser Einschätzung. Seit Jahren flössen rund 800 Millionen Euro jährlich in die Modernisierung und Instandhaltung kleiner und großer Bahnhöfe. Der bundeseigene Konzern will sich aber von weiteren Empfangsgebäuden trennen.
„Unsere Großbahnhöfe sind in einem guten Zustand. Das kommt den meisten Reisenden zugute, denn 80 Prozent unserer Fahrgäste reisen an 20 Prozent unserer Bahnhöfe“, sagte eine Bahnsprecherin. „Aber wir arbeiten auch konstant an den mittleren und kleinen Bahnhöfen“, fügte sie hinzu. In diesem und im nächsten Jahr modernisiere die Bahn 600 Bahnhöfe mit mehr als 250 000 Euro pro Station. Alle Bahnhöfe in Deutschland hätten einen Wetterschutz, 75 Prozent seien stufenfrei erreichbar.
Flege verwies darauf, dass die alten Bahnhofsgebäude heute in der Hand verschiedener Eigentümer seien. Viele der heruntergekommenen Bahnhöfe habe die Deutsche Bahn zuvor abgestoßen. „Sie gehören Privatpersonen oder Kommunen, die beim Kauf große Versprechungen gemacht haben. Jahre später ist nichts passiert“, stellte Flege fest. Jetzt müsse die Bahn „damit leben, dass sich auch verwahrloste Bahnhöfe, die ihr gar nicht mehr gehören, schlecht auf ihren Ruf auswirken“.
Die Bahn hat nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren rund 2000 Empfangsgebäude verkauft. Davon seien 1000 direkt an Kommunen und private Investoren gegangen, 1000 Objekte habe der britische Immobilienfonds Patron Capital erworben. „Eine ganze Reihe dieser Bahnhofsgebäude wurde zwischenzeitlich modernisiert und mit neuem Leben erfüllt“, sagte die Bahnsprecherin, ohne eine Zahl zu nennen. Genutzt würden sie zum Beispiel als Reisebüro, Standesamt, Restaurant oder Museum. Bei anderen sei noch nichts geschehen, räumte sie ein. Von den 2000 Objekten hätten etwa 900 den Besitzer inzwischen wieder gewechselt.
Dirk Flege sagte, das Geschäft mit Patron Capital habe sich rückblickend als Fehler erwiesen. Die Bahnsprecherin sagte, das Unternehmen habe „von weiteren Paketverkäufen Abstand genommen“. Die Gebäude würden heute „nur noch einzeln verkauft“. Auf den 5400 deutschen Bahnhöfen seien noch etwa 950 Empfangsgebäude im Eigentum der Tochtergesellschaft DB Station&Service. Davon stünden noch etwa 340 zum Verkauf. Die Bahn achte „verstärkt auf die Nutzungskonzepte von privaten und kommerziellen Kaufinteressenten“. Zunächst werde die jeweilige Kommune angesprochen.
Der Fahrgastverband Pro Bahn sieht auch bürgerschaftlichen Einsatz gefragt. Dafür gebe es gute Beispiele wie in Leutkirch im Allgäu, wo eine Genossenschaft den Bahnhof wiederbelebt habe mit einer Wirtshausbrauerei samt Biergarten. In Cuxhaven bemühe sich eine Bürgerinitiative, den 1898 eröffneten Bahnhof mit neuer Nutzung vor dem Verfall zu bewahren, sagte Pro-Bahn-Sprecher Karl-Peter Naumann.