Bayer-Chef: „Wir sind nicht happy“

Werner Baumann präsentiert Bilanz „mit Licht und Schatten“. Er setzt auf baldiges grünes Licht der Wettbewerbsbehörden für die geplante Übernahme von Monsanto.

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Leverkusen. „Wir sind nicht happy mit dem Verlauf des letzten Jahres.“ Bayer-Chef Werner Baumann macht keinen Hehl aus seiner gedämpften Stimmung, als er auf der Bilanzpressekonferenz in Leverkusen die Zahlen für 2017 vorstellt. Der zuletzt so erfolgsverwöhnte Konzern blickt auf ein Jahr „mit Licht und Schatten“ (Baumann) zurück.

Über den Aussichten für die Zukunft schwebt vor allem die eine offene Frage: Bekommt Bayer von den Wettbewerbsbehörden grünes Licht für den mehr als 60 Milliarden Dollar schweren Kauf des US-Saatgutriesen Monsanto? Ursprünglich hatte man die Übernahme bereits zum Jahresbeginn angedacht. Nun peilt Bayer das zweite Quartal 2018 an. Mehr als die Hälfte von weltweit 30 zuständigen Wettbewerbsbehörden haben grünes Licht gegeben. Allerdings stehen die wichtigen Entscheidungen des US-Justizministeriums und der EU noch aus. Um Bedenken der Wettbewerbshüter zu entkräften, muss Bayer einen Teil seines Geschäfts verkaufen.

Die Ergebnisse des Konzerns bewegten sich insgesamt auf dem Niveau des Vorjahres. So stieg der Umsatz um 1,5 Prozent auf 35 Milliarden Euro. Der Betriebsgewinn (Ebit) stieg um 2,9 Prozent auf 5,9 Milliarden Euro. Auch seinen Aktionären will Bayer Gutes tun: die Dividende soll um zehn Cent auf 2,80 Euro je Aktie angehoben werden. Trotzdem sind die Anleger ernüchtert: Der Bayer-Kurs sackte am Mittwoch zeitweise um drei Prozent. Am Ende stand er bei 96,23 Euro (minus 1,91 Prozent). Vor knapp drei Jahren war eine Bayer-Aktie noch mehr als 140 Euro wert.

Die Sparte „Pharmaceuticals“, das Geschäft mit den verschreibungspflichtigen Medikamenten, ist das Zugpferd von Bayer. Gerinnungshemmer, Augen- oder Krebsmedikamente und andere trugen hier zu einer Umsatzsteigerung von 4,3 Prozent auf nunmehr 16,8 Milliarden Euro bei.

Die Division Consumer Health, also das Geschäft mit den rezeptfreien Arzneimitteln, ging im Umsatz um 1,7 Prozent auf 5,9 Milliarden Euro zurück. Als Erklärung nannte Baumann eine schwache Geschäftsentwicklung in den USA. Und dass in China zwei bisher verschreibungsfreie Marken zu rezeptpflichtigen Produkten umklassifiziert worden seien.

Für diesen Bereich ist bislang Erica Mann, die einzige Frau im Bayer-Vorstand, zuständig. Die 59-jährige gebürtige Südafrikanerin, die erst Anfang 2016 Consumer Health übernommen hatte, verlässt Bayer Ende März wieder. Sie nimmt eine Abfindung von knapp zwei Millionen Euro mit. Mit 2,368 Millionen Euro Gesamtbezügen lag sie 2017 am unteren Ende im Bayer-Vorstand. Die fünf Kollegen lagen knapp unter oder teils deutlich über drei Millionen Euro. Und Vorstandschef Baumann bei 6,4 Millionen Euro.

Baumann war auch mit dem Ergebnis der Pflanzenschutzsparte Crop Science nicht zufrieden. Hier ging der Umsatz um 2,2 Prozent auf 9,6 Milliarden Euro zurück. Entscheidender Grund dafür sei die Entwicklung auf dem wichtigen Markt Brasilien gewesen. Hier hätten unerwartet hohe Lagerbestände im Markt den Absatz von Pflanzenschutzmitteln belastet.

Ein anderer Bereich, der früher bei Bayer unter dem Namen „Material Science“ geführt wurde, taucht nicht mehr in der Bilanz auf. Die Kunststoffsparte ist mittlerweile ein eigenständiges Unternehmen und unter dem Namen Covestro äußerst erfolgreich. Nun könnte man auf die Idee kommen, dass Bayer angesichts dieses Erfolges die bereits unter Baumann-Vorgänger Marijn Dekkers eingefädelte Trennung bedauert. Das jedoch bestreitet Baumann. Er freue sich über den Erfolg des Unternehmens, an dem man ja auch noch Anteile halte. Baumann zum Stand der Trennung: „Wir haben im Jahr 2017 in vier Tranchen rund 36 Prozent unserer Anteile verkauft. Dabei haben wir insgesamt 4,7 Milliarden Euro erlöst. Im Januar haben wir noch einmal gut zehn Prozent an Covestro-Aktien veräußert.“ Aktuell liege der direkt von Bayer gehaltene Anteil bei 14,2 Prozent. Weitere 8,9 Prozent würde vom Bayer Pension Trust gehalten.

Das durch den Verkauf der Covestro-Anteile zugeflossene Geld hilft Bayer freilich dabei, sein Großprojekt, den Kauf von Monsanto, zu verwirklichen. Mit den dabei noch offenen wettbewerbsrechtlichen Entscheidungen eng verknüpft sind die bekannten grundsätzlichen Bedenken. Kritiker weisen darauf hin, dass das schlechte Image von Monsanto auch auf Bayer abfärben werde. Auch wird gesagt, dass der Zusammenschluss der Versuch sei, das weltweite Geschäft mit Saatgut und Pestiziden zu kontrollieren. Die Ernährung der Weltbevölkerung werde in der Hand eines Superkonzerns liegen. Landwirte weltweit gerieten in immer stärkere Abhängigkeit. Die Sortenvielfalt bei Getreide, Gemüse und Früchten werde schwinden.

Baumann hält dagegen: Die Agrarbranche stehe vor großen Herausforderungen. Wetterextreme und der Klimawandel bedrohten Ernten, das verfügbare Ackerland nehme ab. Gleichzeitig nehme die Weltbevölkerung jedes Jahr um etwa 80 Millionen Menschen zu. Baumann: „Um die Weltbevölkerung unter diesen Bedingungen auch in Zukunft zu ernähren, können wir nicht einfach so weitermachen wie bisher. Wir brauchen neue und innovative Lösungsansätze.“ Darum gehe es bei dem Zusammenschluss mit Monsanto. Die geplante Übernahme bringe allen Vorteile. „Unseren Aktionären, denn wir schaffen ein führendes Unternehmen der Agrarwirtschaft mit hervorragenden Wachstumsperspektiven. Den Landwirten auf der ganzen Welt, denn wir werden ein Produktangebot schaffen, das noch besser auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. Aber auch für die Gesellschaft insgesamt, denn wir können gemeinsam mit Monsanto noch besser dazu beitragen, die Ernährung der Weltbevölkerung zu sichern.“