Belgien: Abwerung trotz Durchbruch bei Regierungsbildung
Ratingagentur wertet die Bonität des Landes ab und setzt die Parteien unter Druck.
Brüssel. Belgien steuert auf eine neue Regierung zu, aber die Begleitumstände sind nicht ermutigend: Herabgestuft durch die Ratingagentur Standard & Poor’s, muss sich die Staatskasse heute bis zu zwei Milliarden Euro frische Kredite besorgen. Gegen die soeben von der künftigen Koalition verabredeten harten Reformen im Sozialsystem machen die Gewerkschaften mobil, am Freitag gehen sie auf die Straße.
Das Erreichen der Sparziele des nach langem Tauziehen beschlossenen Haushalts 2012 hängt davon ab, dass die Zinsen nicht weiter davonlaufen. Die Regierung ist — 19 Monate nach den Wahlen — mehr aus nackter Not geboren, denn aus echter Kompromissfähigkeit der Beteiligten. Am Ende war es Panik, die eine Verständigung der sechs zum Bündnis bereiten Parteien — Christdemokraten, Sozialisten und Liberale Flanderns und der Wallonie — erzwang. Standards & Poor’s hatte zuvor die Verlässlichkeit belgischer Staatsanleihen von AA+ auf AA heruntergesetzt und die weiteren Perspektiven als negativ beurteilt.
S & P schaffte, was dem designierten Premier Elio Di Rupo, Chef der wallonischen Sozialisten, nicht gelungen war: In 17-stündigen Verhandlungen wurde ein Haushalt mit einem Sparvolumen von elf Prozent vereinbart. Dazu eine höhere Besteuerung von Spitzenverdienern und Aktiengeschäften, Kürzung beim Arbeitslosengeld, längere Lebensarbeitszeit, Beibehaltung der Anpassung von Löhnen und Gehältern an die Inflation.