BGH-Urteil: Energieversorger durften Preise erhöhen

Karlsruhe (dpa) - Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Rechte von Energieversorgern gestärkt. Sie durften die Preise in der Vergangenheit auch ohne umfassende Begründung erhöhen. Voraussetzung ist aber, dass sie bei den Erhöhungen keinen Gewinn machen wollten.

Foto: dpa

In den konkreten beiden Fällen gaben die Richter den Stadtwerken Hamm und Geldern (beide Nordrhein-Westfalen) recht, die von säumigen Kunden Geld wollten. Diese hatten Preiserhöhungen der Unternehmen zwischen 2004 und 2008 beanstandet. (Az. VIII ZR 158/11 u.a.)

Das Gericht billigte unzufriedenen Verbrauchern zwar zu, alte Rechnungen rückwirkend bis 2012 monieren zu dürfen. Nach Ansicht von Experten rollt damit aber keine Klagewelle auf die Versorger zu, da in den letzten Jahren die Preise kaum gestiegen seien.

Außerdem räumten die Richter ihren Kollegen in den unteren Instanzen einen großzügigen Spielraum bei der Beurteilung der Frage zu, ob die Preissteigerungen berechtigt gewesen seien. Das ist dann der Fall, wenn die Versorger gestiegene eigene Kosten weiter geben. Der BGH bekräftigte insoweit eigene Rechtsprechung.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) begrüßte die Entscheidung und sprach von einem „Urteil mit Augenmaß“. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bezeichnete den Richterspruch dagegen als „Niederlage“ und „Enttäuschung für die Verbraucher“.

Die beiden BGH-Urteile betreffen Kunden in der Gas-Grundversorgung - sogenannte Tarifkunden -, die mit dem örtlichen Versorger einen Standardvertrag abgeschlossen haben und einen geringen Verbrauch haben. Die Unternehmen hätten vor Gericht nachweisen können, dass sie nur eigene Kostenerhöhungen weiter gegeben hätten, begründete das Gericht seine Entscheidung. Damit seien sie zu den Tariferhöhungen berechtigt gewesen. Die Privatleute müssen rund 813 und 1533 Euro nachzahlen.

Der BGH musste ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) umsetzen. Dieser hatte das seit 2004 geltende deutsche Recht für europarechtswidrig erklärt und gefordert, dass Verbraucher besser über Preissteigerungen bei der Strom- und Gasversorgung informiert werden. Ende 2014 zog der Gesetzgeber daraufhin nach und schrieb die Informationspflichten auch in das deutsche Recht hinein.

Durch die EuGH-Entscheidung fiele die Rechtsgrundlage für Preiserhöhungen nachträglich weg, entschied der BGH nun. Die Unternehmen sind dem Urteil zufolge aber auch zwischen 2004 und 2014 zu Tarifsteigerungen berechtigt gewesen. Denn als Grundversorger seien sie zur Energielieferung ja gesetzlich verpflichtet und müssten darauf achten, ihre eigenen Kosten zu decken.

Dürften sie im Laufe der oft langjährigen Lieferverträge dann noch nicht einmal eigene Kostenerhöhungen weitergeben, wären sie „verpflichtet zu liefern bis zur eigenen Pleite“, sagte die BGH-Senatsvorsitzende Karin Milger in Karlsruhe. Das sei auch nicht im Sinne der Kunden, „denn dann ist irgendwann niemand mehr da, der liefert“.