Bundesagentur: Rekordhoch bei freien Stellen
Nürnberg/München (dpa) - Der seit Monaten anhaltende Stellenboom setzt sich fort: Trotz ungewisser Konjunkturaussichten sucht die deutsche Wirtschaft nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) derzeit so viele Arbeitskräfte wie nie zuvor.
Der Stellenindex BA-X der Bundesagentur kletterte im Oktober mit 202 Punkten (plus 5 Punkte zum Vormonat) erstmals in seiner Geschichte über die 200er-Marke und erreichte damit ein neues Rekordniveau, teilte die Nürnberger Behörde mit.
Eine ähnliche Entwicklung beobachtet auch das Münchner Ifo Institut. Dessen Beschäftigungsbarometer, das auf den Personalplanungen von 9500 befragten Unternehmen beruht, stieg im Oktober auf den höchsten Wert seit Januar 2012, wie das Institut mitteilte. Insgesamt habe sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt nach Volkswirte-Prognosen im Oktober verbessert. Die offiziellen Oktober-Arbeitslosenzahlen will die Nürnberger Bundesbehörde an diesem Donnerstag veröffentlichen.
Die Bundesagentur führt den anhaltenden Aufwärtstrend auf die ihrer Ansicht nach andauernde „positive konjunkturelle Grundtendenz“ zurück. Nach BA-Beobachtungen gibt es praktisch in allen Branchen mehr unbesetzte Stellen als vor einem Jahr. Am stärksten stieg die Arbeitskräftenachfrage im Vergleich zum Oktober 2014 im Handel. Aber auch viele Pflegeheime, Kliniken, Kindertagesstätten und andere Sozialeinrichtungen hätten im Oktober nach qualifizierten Mitarbeitern gesucht. Ein Drittel aller offenen Stellen stamme von Leiharbeitsunternehmen.
Nach Erkenntnissen des Ifo Instituts wollen „insbesondere die Dienstleister mehr einstellen“. Auch die Groß- und Einzelhändler suchten verstärkt Mitarbeiter. Trotz des bevorstehenden Winters stieg das Beschäftigungsbarometer auch im Baugewerbe. „Nur in der Industrie bleibt die Beschäftigungsdynamik schwach ausgeprägt.“ Die Arbeitsmarktzahlen würden sich damit weiter positiv entwickeln, so die Prognose der Münchner Wirtschaftsforscher.
Für Oktober rechnen von dpa befragte Volkswirte mit einem Rückgang der Arbeitslosenzahlen um rund 48 000 auf 2,66 Millionen. Das wären rund 70 000 weniger als im Vorjahr. Nach wie vor sei der Jobmarkt in guter Verfassung, berichteten die Ökonomen. Doch die Zeiten stagnierender oder gar sinkender Arbeitslosigkeit gehen nach Einschätzung der Experten allmählich zu Ende. „Ein paar Bremseffekte werden in den nächsten Monaten zu sehen sein“, sagte etwa Stefan Kipar von der Bayerischen Landesbank.
Für das kommende Jahr rechnen die meisten Volkswirte mit leicht steigenden Arbeitslosenzahlen. Sie führen dies auf die Konjunkturabkühlung in Schwellenländern wie etwa in China zurück, aber auch auf die große Zahl von Flüchtlingen, die nicht sofort in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden könnten. Auch der VW-Abgas-Skandal könnte den Jobmarkt treffen, befürchten einzelne Volkswirte. „Den VW-Effekt wird man sehen, aber das wird kein sehr starker Effekt sein“, sagte etwa Kipar.