Bundesbank: Deutsche Wirtschaft wächst kräftig
Frankfurt/Main (dpa) - Die Binnennachfrage treibt die deutsche Konjunktur an und auch der Export kommt allmählich in Fahrt. Deshalb traut die Bundesbank der deutschen Wirtschaft in diesem und im kommenden Jahr ein kräftiges Wachstum zu.
Nach der Frühjahrsprognose der Notenbank wird die Inflation zwar noch auf Jahre unter dem Zielwert der Europäischen Zentralbank bleiben, der bei knapp unter zwei Prozent liegt. Sie wird aber allmählich steigen. Damit nehmen die Risiken einer Deflation ab. Die Bundesagentur für Arbeit hält angesichts der guten Wirtschaftslage einen deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit für möglich.
Auch wenn sich das hohe Tempo des ersten Quartals nicht halten lasse, sind die Volkswirte der Deutschen Bundesbank zuversichtlich. „Neben der sich weiter verbessernden konjunkturellen Lage der Industrieländer und der graduellen Erholung des Euroraums spricht nicht zuletzt die gestärkte deutsche Binnenwirtschaft für einen soliden Wachstumskurs der deutschen Wirtschaft“, sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann.
Zugleich sieht Weidmann Schatten am Horizont, für die zum Teil auch die Politik verantwortlich sei. Der demografisch bedingte Arbeitskräftemangel werde das Wachstum bremsen, sagte Weidmann: „Maßnahmen wie die abschlagsfreie Rente mit 63 sind vor diesem Hintergrund nicht hilfreich.“
Im laufenden Jahr wird das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach der Bundesbank-Prognose um 1,9 (Dezember-Prognose: 1,7) Prozent und 2015 um 2,0 (2,0) Prozent steigen. Für 2016 erwarten die Experten ein BIP-Zuwachs von 1,8 Prozent. Getrieben werde der Aufschwung von der starken Binnennachfrage: Positive Impulse seien sowohl vom privaten Konsum als auch von staatlichen und privaten Investitionen und der Baukonjunktur zu erwarten.
Auch die Exporte sollten nach dem sehr verhaltenen Anstieg im ersten Quartal 2014 wieder stärker zulegen, schreiben die Notenbanker: „Angesichts der verstärkten globalen Expansion und der Erholung im Euroraum könnten die Ausfuhren im laufenden Jahr um 4 Prozent zunehmen.“
Erste Lichtblicke lieferte der April: Der deutsche Export legte im Vergleich zum schwachen März unerwartet stark um 3,0 Prozent auf einen Wert von 93,8 Milliarden Euro zu, wie das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden berichtete. Volkswirte hatten nur mit einem Anstieg um 1,3 Prozent gerechnet. Bei den Importen wurde dagegen lediglich ein Mini-Plus von 0,1 Prozent registriert.
Volkswirte der BayernLB schließen nicht aus, dass der Außenhandel nach einem schwachen Jahresstart im zweiten Quartal auch wieder einen kleinen Wachstumsimpuls bringen und die Konjunktur stützen könnte. Der deutliche Effekt aus dem ersten Quartal solle sich jedenfalls nicht wiederholen.
Angesichts der gut laufenden Konjunktur hält es der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, für möglich, dass die Arbeitslosenzahlen deutlich sinken. „Wenn die Wirtschaftslage weiter gut bleibt, ist ein Rückgang auf insgesamt 2,5 Millionen Arbeitslose realistisch“, sagte Weise der Berliner Tageszeitung B.Z. (Samstag).
Wie die Bundesbank prognostiziert, wird Deutschland die Phase der extrem niedrigen Inflationsraten bald überwinden: „Die zu erwartenden Verknappungen am Arbeitsmarkt werden sich nach der Prognose in höheren Lohnsteigerungen niederschlagen wie auch der neue allgemeine Mindestlohn.“ Das werde den Preisauftrieb verstärken.
Die Notenbanker sagen für das laufende Jahr nach europäischer Berechnung einen Anstieg der Verbraucherpreise um 1,1 Prozent und für 2015 um 1,5 Prozent voraus. 2016 werde die Inflationsrate weiter auf 1,9 Prozent steigen. Im Mai war die Teuerung hierzulande nach dieser Berechnungsmethode auf 0,6 Prozent gesunken. Das hatte Deflationssorgen verstärkt.
Dank der günstigen Konjunktur und weiter sinkender Zinslasten rechnen die Bundesbank-Experten zudem auch 2015 mit einem „in etwa ausgeglichen“ deutschen Staatshaushalt. Im Jahr 2016 könne sogar ein merklicher Überschuss erreicht werden. Eigentlich sei aber mehr drin, betonte die Bundesbank: „Eine bessere Haushaltsentwicklung wird durch finanzpolitische Maßnahmen wie das kürzlich vom Bundestag verabschiedete Rentenpaket behindert.“