Bundesbank-Gewinn sinkt
Frankfurt/Main/Berlin (dpa) - Die deutsche Konjunktur brummt, doch die Bundesbank ächzt unter den Lasten der Schuldenkrise in den Euroländern. Besonders die nach dem Kauf von Anleihen hoch verschuldeter Staaten deutlich erhöhte Risikovorsorge schmälerte den Überschuss der Notenbank.
Der Einbruch reißt ein neues Loch in den Haushalt von Wolfgang Schäuble. Insgesamt halbierte sich der Gewinn der Deutschen Bundesbank 2010 nahezu: Der Überschuss fiel auf 2,2 Milliarden Euro nach 4,1 Milliarden Euro im Krisenjahr 2009, wie die Notenbank am Dienstag in Frankfurt mitteilte. Denn der Bundesfinanzminister hatte für 2011 eigentlich eine Überweisung von drei Milliarden Euro eingeplant.
Aber nicht nur der neue Fehlbetrag von 800 Millionen Euro ist ein Problem. Auch Kredite für den in der Wirtschaftskrise von der großen Koalition aufgelegten Investitons- und Tilgungsfonds (ITF) können nicht abgezahlt werden. Über das Sondervermögen ITF außerhalb des Bundeshaushalts werden bis 2011 insgesamt bis zu 20,4 Milliarden Euro für zusätzliche Maßnahmen zur Konjunkturbelebung bereitgestellt.
Für das Jahr 2009 hatte der von der Bundesbank an den Bund abgeführte Reingewinn noch bei 4,1 Milliarden Euro gelegen. Für den Etat eingestellt waren 3,5 Milliarden Euro. Damit konnte also die Differenz zur Tilgung des Sondervermögens genutzt werden.
Der Bewertungsgewinne bei Goldreserven wurden beim Bundesbank-Gewinn nicht eingerechnet: Zum Jahresende stand in der Bilanz ein Goldwert von 115 Milliarden Euro nach 84 Milliarden Euro ein Jahr zuvor - dank des Höhenflugs bei dem Edelmetall.
Die Notenbank erhöhte ihre Risikovorsorge für „allgemeine Wagnisse“ um 1,6 Milliarden Euro auf 3,6 Milliarden Euro. Weber kündigte an, die Summe werde in den beiden kommenden Jahren nochmals aufgestockt. Die Erhöhung stehe im Einklang mit der Politik der Europäischen Zentralbank (EZB), die ihre Wagnisrückstellung ebenfalls erhöht habe.
Details zu den als riskant eingestuften Papieren nannte Weber, der die Bundesbank Ende April verlässt, nicht. Allgemein nannte er aber unter anderem den Kauf von Staatsanleihen hoch verschuldeter Euro-Länder als Grund für die Erhöhung. Die Notenbanken kaufen diese Anleihen seit Mai 2010 - bislang für 77,5 Milliarden Euro.
Weber hatte den entsprechenden EZB-Beschluss öffentlich kritisiert. Er sah unter anderem die Unabhängigkeit der Notenbank von der Politik in Gefahr. Diese Meinungsverschiedenheit gilt als ein Grund für den Verzicht Webers, der für ein Jahr an die Universität Chicago wechseln will, auf eine Kandidatur für den EZB-Spitzenjob.
Auch die Zinserträge als wichtigste Quelle für den Gewinn der Bundesbank gingen 2010 erneut zurück: Der Nettozinsertrag sank von 4,2 Milliarden Euro auf 3,6 Milliarden Euro. Im Vorkrisenjahr 2008 hatte die Bundesbank noch einen Zinsertrag von 8,4 Milliarden Euro verbucht. Bundesbank-Vorstandsmitglied Rudolf Böhmler erklärte: „Ursächlich für den anhaltenden Rückgang der Zinserträge sind die weiterhin historisch niedrigen Leitzinsen des Eurosystems.“
Der Leitzins verharrt seit Mai 2009 auf dem Rekordtief von 1,0 Prozent. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte am vergangenen Donnerstag überraschend deutlich angedeutet, dass schon im April mit einer Zinserhöhung zu rechnen sei.
Zur konjunkturellen Entwicklung sagte Weber: „Die deutsche Wirtschaft wird ihre kräftige zyklische Erholung - wenn auch mit etwas vermindertem Tempo - in diesem Jahr fortsetzen.“ Der Aufschwung werde weiter an Breite gewinnen. Die Bundesbank hob ihre Wachstumsprognose kräftig von 2,0 auf 2,5 Prozent an.
Treiber seien der Export, aber auch die außerordentlich große Zuversicht von Verbrauchern und Unternehmern, sagte Weber. Die deutsche Volkswirtschaft werde die Einbrüche aus der tiefen Rezession im Laufe dieses Jahres wieder wettmachen, wenn die Weltkonjunktur sich weiter gut entwickele.
Die wirtschaftliche Belebung komme bei den Arbeitnehmern an, sagte Weber: „Eine weitere Zunahme der Beschäftigung ist unseres Erachtens vorprogrammiert.“ Er erwarte auch steigende Löhne, warnte aber vor überzogenen Lohnforderungen, die die Inflation anheizen könnten. Die Bundesbank rechnet derzeit mit einer Teuerung von etwa 2,0 Prozent im laufenden Jahr - sofern die Unruhen in der arabischen Welt die Rohölpreise nicht weiter in die Höhe treiben.
Gleichzeitig malte Weber aber ein düsteres Bild für die mittel- und langfristige Preisstabilität, insbesondere aufgrund der Entwicklung in Schwellenländern mit anziehenden Nahrungsmittelpreisen und steigenden Einkommen: „Ich sehe einen deutlichen künftigen Preisauftrieb.“ Daher müsse die Europäische Zentralbank (EZB) wie bereits angedeutet möglichst bald an der Zinsschraube drehen: „Ein Zinsschritt ist jetzt perspektivisch notwendig.“