Bundesverkehrsministerium gegen Brüsseler TÜV-Pläne
Brüssel (dpa) - Das Bundesverkehrsministerium ist gegen eine jährliche Hauptuntersuchung bei älteren Autos. „Wenn man unsere Standards zugrundelegt, unsere Qualität der deutschen Prüfpraxis, dann halten wir das für nicht notwendig“, sagte ein Ministeriumssprecher am Freitag in Berlin.
EU-Verkehrskommissar Siim Kallas hatte zuvor Pläne für eine Reform der Sicherheitsüberprüfung in Europa vorgestellt. Demnach will er Pkw ab dem siebsten Betriebsjahr jedes Jahr zum TÜV schicken. Auch Autofahrerverbände wandten sich gegen die Pläne.
Die Zahl der tödlichen Unfälle im europäischen Straßenverkehr sei „sehr besorgniserregend“, sagte Kallas. Gerade die Zahl getöteter Motorradfahrer sinkt nach Erkenntnissen der EU-Kommission nicht. In die meisten Unfälle seien Autos verwickelt, die sechs Jahre oder älter seien, sagte der Verkehrskommissar.
Technische Mängel seien Ursache für 6 Prozent aller Autounfälle und für 2000 Tote pro Jahr, 1200 davon wären nach Kallas' Ansicht durch bessere Sicherheitskontrollen zu vermeiden - Experten zweifeln das aber an.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) sprach am Freitag wie tags zuvor schon der ADAC von „reiner Abzocke“ der Autofahrer. „Der Zustand der Fahrzeuge bei Unfällen in Deutschland spielt nur eine sehr untergeordnete Rolle“, sagte DPolG-Chef Rainer Wendt. Vielmehr seien Raserei, Alkohol und Fahren ohne Gurt Gründe für schlimme Unfälle und Schäden. Nur die Prüfstellen freuten sich über die Pläne, die neben häufigeren Überprüfungen auch europaweit einheitlichere Standards vorsehen.
Bereits am Donnerstag hatten TÜV Süd und Dekra die Pläne begrüßt. Gegen Unterstellungen, sein Vorschlag erfolge auf Werben der Prüforganisationen, wehrte sich Kallas: „Es ist für mich eine sehr große Überraschung, etwas über eine Lobby für technische Inspektionen zu hören.“ Derlei Kritik sei unbegründet.
„Wir erkennen an, dass Deutschland sehr gut ist mit technischen Prüfungen. Aber wir müssen einen einheitlichen Ansatz (in Europa) haben“, sagte Kallas. Der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) beschrieb das deutsche System ebenfalls als „sehr erfolgreich“. Es fehlten Daten, die die Notwendigkeit häufigerer Prüfungen belegten.
Beschlossene Sache sind die Pläne noch nicht. Nun werden sich Europaparlament und EU-Staaten mit den Vorschlägen beschäftigen. Bei den Diskussionen in Brüssel werde Deutschland sein Gewicht für eine sinnvolle Lösung einbringen, „die nicht zu höheren Kosten und mehr Bürokratie führt, sondern die sich an der Verkehrssicherheit orientiert und nicht an Verschlimmbesserungen“, sagte der Sprecher des Bundesverkehrsministeriums. Eine Harmonisierung der Prüfpraxis in Europa sei zu begrüßen.