Chemie-Beschäftigte erhalten 4,5 Prozent mehr Geld

Schönefeld (dpa) - 4,5 Prozent mehr Geld, weniger Arbeitsstunden für Ältere und flexiblere Zeiten für alle - mit diesem Ergebnis ist der Tarifkonflikt in der Chemie-Industrie nach zwei Verhandlungsrunden beendet.

Arbeitgeber und Gewerkschaft sprachen von einem fairen und vertretbaren Kompromiss für die bundesweit 550 000 Beschäftigten.

Der Vertrag hat eine Laufzeit von 19 Monaten und ermöglicht auch flexiblere Arbeitszeiten bei Kindererziehung oder Pflege sowie eine 4-Tage-Woche für Ältere.

In der Metallindustrie war vor kurzem ein Pilotabschluss von 4,3 Prozent für 13 Monate ausgehandelt worden. Auch die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) wollte eine kurze Laufzeit, setzte sich mit ihrer Forderung von 12 Monaten aber nicht durch.

Dafür beansprucht die Gewerkschaft, einen tarifpolitischen Meilenstein auf dem Weg zu einer altersgerechten Arbeitswelt gesetzt zu haben. Je Mitarbeiter zahlen die Arbeitgeber in den nächsten drei Jahren in der Regel zusätzlich 200 Euro pro Jahr in einen Demografie-Fonds. Mit dem Geld können die Betriebe älteren Beschäftigten die 4-Tage-Woche ermöglichen, sie früher in Rente schicken oder die Altersteilzeit ausbauen.

Vereinbart wurde auch ein Korridor von 35 bis 40 Stunden, in dem einzelne Beschäftigte oder ganze Betriebe von der Regelarbeitszeit von 37,5 Stunden abweichen können - etwa, wenn es Personalengpässe gibt oder wenn Mitarbeiter mehr Zeit für die Familie brauchen.

Der Tarifvertrag gilt je nach Tarifbezirk ab Juni, Juli oder August. Die Entgelterhöhung greift jeweils einen Monat nach Inkrafttreten des Tarifvertrags. Je nach wirtschaftlicher Lage können die Unternehmen sie vorziehen oder sie um zwei Monate verzögern, wenn der Betriebsrat zustimmt. Auszubildende erhalten einheitlich 50 Euro mehr.

„Wir haben ein Tarifpaket beschlossen, das wir gut vertreten können“, sagte IG-BCE-Verhandlungsführer Peter Hausmann am Verhandlungsort in Schönefeld bei Berlin. Für die Arbeitgeberseite sagte Hans-Carsten Hansen, man habe wesentliche Ziele erreicht.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt nannte den Abschluss der Branchensituation angemessen. Er begrüßte vor allem, dass die Tariferhöhung entsprechend der betrieblichen Möglichkeiten verschoben werden könne. Mit den Optionen zur Arbeitszeitverlängerung verfügten die Betriebe über zusätzliche Flexibilität.

Die Gewerkschaft hatte sechs Prozent mehr Geld bei einer Vertragslaufzeit von zwölf Monaten gefordert. Angaben zum jährlichen Volumen des Abschlusses machten beide Seiten nicht. Im vergangenen Jahr hatten sie 4,1 Prozent mehr Geld für 15 Monate vereinbart.

Beide Seiten sprachen von zähen und schwierigen Verhandlungen in diesem Jahr, diese waren auch Protestaktionen der Beschäftigten begleitet. Streiks gab es jedoch laut IG BCE schon seit den 70er Jahren nicht. Ein Sprecher führte das auf eine effektive und gepflegte Verhandlungskultur zurück. Zudem können in der chemischen Industrie große Sachschäden entstehen, wenn Anlagen still stehen.