Das Aus für Quelle kam in Raten
Für Tausende von Mitarbeitern haben sich alle Hoffnungen zerschlagen. Alle Investoren sprangen am Ende ab.
Fürth. Das Aus für Quelle kam so, wie der Kunde im Versandhandel normalerweise bezahlt: in Raten. Insolvenzantrag im Juni, anschließend wochenlanges Gezerre um den Druck des neuen Katalogs, der schließlich in letzter Sekunde mit einer staatlichen Bürgschaft gesichert wird. Wenig später neue Schwierigkeiten um die Anschlussfinanzierung; schließlich aufkeimende Hoffnung auf einen Investor, die aber Montagnacht jäh und überraschend zerstört wurde.
Tausende Menschen stehen vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes. Seit Monaten sind sie durch ein Wechselbad der Gefühle gegangen, das Betriebsratschef Ernst Sindel, mit den Worten ringend, so zusammenfasst: "Ein Wahnsinn, was da abgelaufen ist."
Der erste Katalog von Quelle sollte vor 82 Jahren ein "Führer durch die Sorgen des täglichen Lebens" sein - den bräuchten die 10500 Quelle-Beschäftigten jetzt wohl dringender denn je. Wie es mit ihnen weitergeht, steht in den Sternen. Viele Frauen sind vom Jobverlust betroffen, die schon Jahrzehnte bei Quelle arbeiten und nur schwer eine neue Stelle finden werden. Mit großer Mühe war kürzlich eine Transfergesellschaft auf die Beine gestellt worden, in der die gekündigten Mitarbeiter weiterqualifiziert werden sollten. Nun fällt die Finanzierung flach.
"Viele der Mitarbeiter werden erstmal in die Arbeitslosigkeit gehen", räumte der Leiter der bayerischen Arbeitsagentur, Rainer Bomba, ein. "Einige hundert, vielleicht tausend werden wir vermitteln können, aber es gibt kein zweites Versandhaus, das sie aufnehmen kann."
Das Aus für Quelle hat auch bei der Post-Logistiktochter DHL personelle Konsequenzen. Es sei davon auszugehen, dass "wenige Hundert" Stellen in der DHL-Lagerhaltung betroffen seien, sagte ein Post-Sprecher. Es sei aber noch zu früh, konkrete Zahlen zu einem möglichen Stellenabbau zu nennen.
Unterdessen streiten sich Gewerkschafter und Politik darüber, wer die Verantwortung für das Desaster hat. Von einem "tragischen Schlusspunkt einer Reihe politischer Fehlentscheidungen" sprach die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Margret Mönig-Raane. Dagegen betonte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), der Freistaat habe "das Menschenmögliche" für Quelle getan. Auf Bestreben Seehofers hatte der Staat noch 50 Millionen Euro für einen Massekredit zur Verfügung gestellt.
Einen schwarzen Tag dürfte auch eine Frau erlebt haben, die am Dienstag ihren 66. Geburtstag feierte: Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz. Die Arcandor-Großaktionärin hat nicht nur einen Großteil ihres Vermögens eingebüßt - nun ist auch das Erbe ihrer Eltern Gustav und Grete Schickedanz verloren. Die einstige Milliardärin ist zur tragischen Figur geworden.