Discounter Das machen Aldi, Penny und Co. gegen die Wegwerfmentalität vieler Kunden

Berlin · Tonnenweise werden jedes Jahr noch gut genießbare Lebensmittel weggeworfen, nur weil das Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Dagegen wollen große Discounter jetzt etwas tun.

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Milch ist oft noch trinkbar, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Und auch Joghurt oder Käse sind dann häufig noch völlig in Ordnung. Dennoch werden sie von Verbrauchern oft in denn Müll geschmissen. Das wollen mehrere große deutsche Discounter nicht länger tatenlos mitansehen. Der zur Rewe-Gruppe gehörende Discounter Penny startete am Freitag in Berlin mit Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) die Kampagne „Kostbares retten“. Und er ist nicht allein mit seinem Engagement.

Beispiel Penny: Auf einer ganzen Reihe von Milchprodukten der Penny-Eigenmarken von der Frischmilch über den Speisequark bis zum Naturjoghurt soll künftig ein Aufdruck die Kunden ermuntern, sich nicht blind auf das Mindesthaltbarkeitsdatum zu verlassen. Stattdessen sollen sie selber probieren, ob das Produkt noch gut ist. „Kostbares Retten. Riechen. Probieren. Genießen. Auch häufig nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums“, ist auf den neuen Packungen in unmittelbarer Nähe der Haltbarkeitsangabe zu lesen.

Penny ist nicht der erste Discounter, der sich bemüht, etwas gegen die Wegwerfmentalität mancher Verbraucher zu tun. Auch Aldi Süd versieht seit Ende vergangenen Jahres bundesweit Milch und verschiedene Käseprodukte mit dem Aufdruck „Riech mich! Probier mich! Ich bin häufig länger gut“. Tests in rund 400 Filialen hätten zuvor ergeben, dass die „Kunden den Hinweis wahrnehmen und vor allem auch ihr Verhalten entsprechend anpassen“, berichtete Aldi-Managerin Julia Adou. Das Schwesterunternehmen Aldi Nord prüft derzeit eine ähnliche Initiative, wie es auf Anfrage mitteilte.

Die Initiativen des Handels passen gut in die Strategie von Bundesernährungsministerin Klöckner. Sie will bis 2030 will sie die Menge der Lebensmittelabfälle im Einzelhandel und bei privaten Haushalten halbieren. Ein wichtiger Punkt ist dabei der Umgang mit dem auf vielen Produkten aufgedruckten Mindesthaltbarkeitsdatum. „Denn das Mindesthaltbarkeitsdatum bedeutet eben nicht, dass ein Produkt einen Tag später nicht mehr genießbar ist - es ist kein Verfallsdatum“, betonte Klöckner anlässlich der Präsentation der Penny-Kampagne. Die Verbraucher sollten deshalb wieder mehr auf ihre Sinne vertrauen, hinschauen, tasten, riechen oder probieren.

Natürlich ist das Mindesthaltbarkeitsdatum im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung nicht das einzige Problem. Obst, Gemüse oder Brot und Kuchen aus der Bäckerei, die häufig in der Tonne landen, haben überhaupt gar keins. Insgesamt hängen denn auch nur sechs bis sieben Prozent der vermeidbaren Abfälle mit einem überschrittenen Datum zusammen, wie eine Studie des Marktforschungsinstituts GfK für das Ernährungsministerium ergab.

Bei bestimmten beliebten Produkten sieht das aber anders aus. Fast ein Drittel der ausdrücklich wegen abgelaufenen Datums entsorgten Lebensmittel sind Milchprodukte. Die seien meist recht kurz haltbar, nicht so teuer und damit anfällig fürs Wegwerfen ohne Gewissensbisse, wie es in der Studie heißt. Im Jahr kämen so 42 000 Tonnen Abfall nur aus Molkereiprodukten zusammen - also mehr als ein Kilo pro Haushalt.

Ebenfalls oft wegen „abgelaufenen“ Datums weggeworfen werden demnach Fertigprodukte und Tiefkühlkost. Und auch Ketchups und Dips, die etwa zum Start der Grillsaison gekauft und dann aber vergessen werden. Generell spielt der Wegwerfgrund MHD laut Studie bei Single-Haushalten eine größere Rolle, bei mehr Personen dagegen nur eine unterdurchschnittliche.

Können die von den Discountern geplanten Aufdrucke etwas daran ändern? Der Marketingexperte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU in Düsseldorf ist davon überzeugt. „Dass viele Verbraucher Waren nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums wegwerfen, ist auch ein Zeichen der Unsicherheit. Sie trauen sich einfach nicht mehr zu, den Zustand des Produkts zu beurteilen und verlassen sich lieber auf die Vorgaben des Herstellers“, meint er. Die Aufdrucke könnten mit der Zeit dazu führen, dass Verbraucher umdenken und erst einmal den Zustand des Produkts prüfen, bevor sie es entsorgen.

Und für die Aldi, Penny und CO habe die Initiative noch einen weiteren Vorteil, ist der Branchenkenner überzeugt. „Solche Aktionen sind wichtig für das Image des Handels. Es kommt gut an bei den Verbrauchern, aber auch bei der Politik.“ Signifikante Umsatzeinbußen habe der Handel dadurch nicht zu befürchten.

(dpa)