Deutsche Autobauer: Noch keine Krise zu spüren

Wolfsburg/München/Stuttgart (dpa) - China zieht an, Europa schwächelt, der US-Markt als große Unbekannte: Die exportabhängigen deutschen Autobauer schwanken wegen der unsicheren Marktentwicklung im Ausland zwischen Erfolgsrausch und Vorsicht.

Der Autoboom bleibt einstweilen zwar noch ungebrochen. Mit Blick auf 2012 bezweifeln die Hersteller aber kurz vor der weltgrößten Automesse IAA in der kommenden Woche zunehmend, ob das Wachstumtempo gehalten werden kann.

Beim europäischen Branchenprimus Volkswagen setzte sich die Rekordfahrt auch im August fort. Bis zum Monatsende konnte die Kernmarke VW ihre Verkäufe nach Angaben vom Freitag erneut kräftig steigern. Seit Anfang des Jahres lieferten die Wolfsburger 3,34 Millionen Fahrzeuge aus - 12,1 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Vor allem Russland, Osteuropa, China und die USA legten zu, während Westeuropa mit Krisenländern wie Spanien und Italien weniger anzog.

Wegen der konjunkturellen Abkühlung in einigen Regionen mahnte VW-Vertriebsvorstand Christian Klingler zu Wachsamkeit: „Wir beobachten die Entwicklungen auf den weltweiten Automobilmärkten sehr genau.“ 2011 will VW im Gesamtkonzern die Marke von acht Millionen Fahrzeugen knacken. Vorstandschef Martin Winterkorn hatte zuletzt mehrfach betont, dass man die Weltkonjunktur im Auge behalten müsse. Die Autobranche werde allerdings „auch im nächsten Jahr gut unterwegs sein“, sagte er in einer Umfrage des „Handelsblatts“.

Die Ingolstädter Premiumtochter Audi hatte schon am Donnerstag von einer weiteren Bestmarke beim Absatz berichtet. Im August lieferten die Bayern 94 100 Autos aus, 17 Prozent über dem Vorjahresniveau. Der Run der Chinesen auf Modelle mit den vier Ringen hielt unverändert an, das Verkaufsplus lag bei über einem Viertel. Einzig im krisengeschüttelten Südeuropa hatte Audi zu kämpfen.

Derweil hält der Konkurrent BMW an seinen Gewinnzielen fest - selbst wenn der Automarkt im kommenden Jahr insgesamt auf Talfahrt gehen sollte. Der Münchner Autobauer sieht sich dank einer stabilen Nachfrage gegen eine mögliche Krise gewappnet: „Wenn das Gleiche wie 2008 noch einmal passieren würde, würde das Unternehmen ohne Verlust durchmarschieren“, glaubt Finanzchef Friedrich Eichiner.

Seit Jahresbeginn stiegen die Verkäufe von BMW um fast 17 Prozent auf über eine Million Autos. Für das Gesamtjahr peilt der Konzern einen Rekordabsatz von mehr als 1,6 Millionen an. Auch bei Umsatz und Gewinn werden Bestmarken erwartet. Der Absatz legte im August noch einmal um 7,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat auf 111 000 Wagen zu und erreichte damit ein neues Allzeithoch für den Sommermonat. Indes werde sich das Wachstumstempo verlangsamen.

Ähnlich schätzt der Stuttgarter Rivale Daimler den Trend ein. Anfang der Woche hatte der Konzern einen Spitzenwert beim Absatz der ersten acht Monate (867 400 Autos) für die Marken Mercedes-Benz, Smart, AMG und Maybach gemeldet. Kleine Rückgänge gab es im August aber in der Verkaufsregion Nordamerika (minus 1,7 Prozent) mit dem wichtigen US-Markt (minus 1,9 Prozent). Für Mercedes-Benz ist die deutsche Nachfrage der wichtigste Wachstumstreiber.

„Auch für 2012 sind die Vorzeichen für Mercedes aus heutiger Sicht gut“, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche dem „Handelsblatt“. Die gesamte Autobranche habe weiterhin ein Wachstumspotenzial, das über demjenigen der Gesamtwirtschaft liege, betonte er in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Wenn die Weltwirtschaft jährlich um drei Prozent wächst, wird die Autobranche um fünf Prozent wachsen.“ Das verkaufsträchtige Premiumsegment könne noch besser abschneiden.