Deutsche Bank baut Führung um: Wunschkandidat fällt durch

Frankfurt/Main (dpa) - Die Deutsche Bank schafft Fakten für die Zeit nach Josef Ackermann. Seine Nachfolger bauen den Vorstand radikal um, am Freitag billigte der Aufsichtsrat ein umfangreiches Personalpaket.

Allerdings kann das künftige Führungsduo Anshu Jain/Jürgen Fitschen ausgerechnet seinen Favoriten für den wichtigen Posten des Risikovorstands nicht durchsetzen: Kurz vor der entscheidenden Sitzung des Kontrollgremiums legte die Finanzaufsicht Bafin ihr Veto gegen die Berufung des US-Amerikaners William Broeksmit ein.

Der bisherige Risikovorstand Hugo Bänziger (56) sowie Personal- und IT-Vorstand Hermann-Josef Lamberti (56) verlassen das Institut am 31. Mai 2012 vorzeitig, wie die Bank mitteilte. Unbestätigten Medienberichten zufolge erhalten die beiden als Vertraute von Noch-Konzernchef Ackermann geltenden Manager jeweils eine Abfindung im hohen einstelligen Millionenbereich.

Im Gegenzug werden zum 1. Juni 2012 drei langjährige Deutsch-Banker in den Vorstand des größten deutschen Geldhauses berufen: Für Personal, Recht und das Europageschäft ist künftig der Investmentbanker Stephan Leithner (45) zuständig, das operative Geschäft und die IT verantwortet dann der Jain-Vertraute Henry Ritchotte (48).

Neuer Risikochef wird entgegen den ursprünglichen Pläne der bisherige Bänziger-Stellvertreter, der Schotte Stuart Lewis (46). Kurz vor der entscheidenden Aufsichtsratssitzung musste ein neuer Kandidat gefunden werden. Die Aufseher hielten den Jain-Vertrauten Broeksmit dem Vernehmen unter anderem deswegen für ungeeignet, weil er bislang kein größeres Team geleitet hat. „Spiegel Online“ berichtete zudem, Broeksmit habe das Geschäft mit außerbörslich gehandelten Derivaten in Europa aufgebaut - jener Kategorie von Wertpapieren, der eine Mitschuld an der Finanzkrise gegeben wird.

Mit den Personalien stellt das ab Juni amtierende Führungsduo Jain/Fitschen zweieinhalb Monate vor Ackermanns Abschied wichtige Weichen. Ackermann zieht sich mit der Hauptversammlung am 31. Mai nach zehn Jahren an der Spitze des Konzerns aus der Deutschen Bank zurück. Der 64-Jährige kehrt in seine Heimat zurück: Als Verwaltungsratschef des Schweizer Finanz- und Versicherungskonzerns Zurich.

Dem personellen Umbruch fallen auch die für die beiden Vermögensverwaltungssparten zuständigen Manager zum Opfer. Kevin Parker, bislang Chef des größtenteils zum Verkauf stehenden Asset Management, und Pierre de Weck, bislang für die reichen Privatkunden zuständig, sollen das Institut nach der Hauptversammlung Ende Mai verlassen. Im Gegenzug wird das erweiterte Führungsgremium, das „Group Executive Committee“ (GEC), von 12 auf 18 Mitglieder aufgestockt. Zu dem Gremium gehören auch die sieben Vorstände.

Die neuen Gesichter sind zugleich Ausdruck einer neuen Strategie: Neben die bisherigen Sparten Investmentbanking und Privatkunden sollen zwei weitere Geschäftsfelder rücken: der internationale Zahlungsverkehr und die Vermögensverwaltung, wobei die private und die Reste der institutionellen Vermögensverwaltung zusammengeführt werden. Die neue Führung erhofft sich von der neuen Aufstellung dem Vernehmen nach einen Abschied vom „Silodenken“.

Der scheidende Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Börsig ließ am Freitag erklären: „Die Personalien und der Generationenwechsel im GEC zeigen deutlich die Stärke der Bank, die über einen großen Pool an Führungstalenten verfügt.“

Kritiker hatten nach Bekanntwerden der Pläne vor zehn Tagen die Befürchtung geäußert, das Investmentbanking könnte wieder zu großes Gewicht bei Deutschlands größter Bank bekommen - nachdem Ackermann mit Milliardeninvestitionen das Privatkundengeschäft zu einer zweiten stabilen Säule ausgebaut hatte. Im Investmentbanking verdient der Konzern unter anderem mit der Beratung bei Fusionen und dem Anleihegeschäft sein Geld.

Auf das Führungsduo Jain (49), oberster Investmentbanker des Instituts, und Deutschland-Chef Jürgen Fitschen (63) hatte sich die Deutsche Bank bereits im vergangenen Sommer geeinigt - nach wochenlangen Querelen. Ursprünglich war damals auch geplant, dass Ackermann direkt den Aufsichtsratsvorsitz des Dax-Konzerns übernimmt. Doch der Schweizer machte einen Rückzieher.

Nun soll ab diesem Juni Paul Achleitner, derzeit noch Finanzvorstand des Versicherungsriesen Allianz, Chefaufseher der Deutschen Bank werden. Neu in das Kontrollgremium sollen nach Mitteilung vom Freitag zudem Siemens-Chef Peter Löscher und Haniel-Vorstand Klaus Trützschler gewählt werden.