Deutsche Bank: Razzia in Frankfurt - Prozess in München

Frankfurt/München (dpa) - Unruhige Zeiten für die Deutsche Bank: Während in München der Strafprozess gegen Co-Chef Jürgen Fitschen in die nächste Runde geht, durchsuchen Fahnder die Konzernzentrale in Frankfurt.

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Einen Zusammenhang mit dem Kirch-Verfahren - das wird rasch klar - hat die Razzia aber nicht.

„Die Durchsuchung zielt darauf ab, Beweismittel im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen Kunden in Bezug auf bestimmte Wertpapiertransaktionen sicherzustellen“, erklärte ein Konzernsprecher in Frankfurt. „Es sind keine Mitarbeiter der Bank beschuldigt.“ Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt bestätigte die Durchsuchungen, wollte sich zu Details zunächst aber nicht äußern.

Nach übereinstimmenden Berichten der „Bild“-Zeitung (Mittwoch) und des Radiosenders hr-Info geht es um Steuerbetrug durch sogenannte Cum-Ex-Geschäfte. Dabei handelt es sich um den Kauf und Verkauf von Aktien rund um den Dividendenstichtag börsennotierter Unternehmen.

Wertpapiere wurden rasch hintereinander zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. In der Folge wurden mehrfach Bescheinigungen über eigentlich nicht gezahlte Kapitalertragssteuern ausgestellt. Der Staat soll um Milliarden gebracht worden sein. Erst 2012 wurde die Gesetzeslücke geschlossen. Zu „Cum-Ex“ ermitteln mehrere Staatsanwaltschaften.

Laut „Bild“-Zeitung war Anlass der Razzia von Steuerfahndern und Kripo-Beamten in Frankfurt, London und Paris ein Ermittlungsverfahren gegen einen Steueranwalt aus Hessen sowie weitere Beschuldigte wegen des Verdachts der „versuchten mittäterschaftlichen Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen“.

Die Deutsche Bank hatte in den vergangenen Jahren immer wieder Besuch von Fahndern: Im Verfahren um Umsatzsteuerbetrug beim Handel mit Luftverschmutzungsrechten (CO2-Zertifikate) wurde die Zentrale der Bank in Frankfurt gleich zwei Mal durchsucht: im April 2010 und kurz vor Weihnachten 2012. Mit diesem Verfahren hatte die aktuelle Aktion nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft aber nichts zu tun.

Sichergestellt wurden bei Durchsuchungen in der Vergangenheit auch Akten, die der Staatsanwaltschaft München als Quelle für ihre Anklage gegen Co-Chef Fitschen und vier ehemalige Top-Manager der Bank im Fall Kirch dienen.

Fitschen steht seit Ende April zusammen mit seinen Vorgängern Josef Ackermann, Rolf Breuer, Ex-Personalvorstand Tessen von Heydebreck und dem ehemaligen Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, Clemens Börsig, in München vor Gericht. Der Vorwurf: Die Banker sollen vor vier Jahren im Zivilprozess um Schadenersatzforderungen für die Pleite des Kirch-Medienimperiums versucht haben, Richter durch Falschaussagen zu täuschen. Die Angeklagten haben die Vorwürfe zurückgewiesen.

Am vierten Verhandlungstag vor dem Landgericht München am Dienstag befragten die Richter erstmals die Angeklagten detailliert zu den Vorwürfen, Fitschen war allerdings noch nicht an der Reihe.

Heydebreck räumte ein, er würde seine Aussage aus heutiger Sicht nicht noch einmal in der Form wiederholen. Er sei damals nervös gewesen und habe keinen juristischen Beistand gehabt. „Ich war da ganz allein.“ Er habe aber nicht bewusst falsch ausgesagt.

Der Vorsitzende Richter Peter Noll zeigte sich erstaunt: Für ihn klinge das so, wie das Eingeständnis einer Falschaussage. „Jetzt stelle ich mal als kleiner Strafrichter die dumme Frage: War das nicht ein Geständnis?“ In der Aussage ging es im Kern um die Frage, ob die Deutsche Bank im Jahr 2002 auf dem Höhepunkt der Kirch-Krise Interesse an einem Beratungsmandat von der Medien-Gruppe gehabt hat.

„Für mich stand immer fest: Mit Kirch macht man kein Geschäft“, sagte von Heydebreck. Trotzdem habe er es für einen Fehler gehalten, als der damalige Bankchef Breuer in einem Interview öffentlich Kirchs Kreditwürdigkeit infragestellte. Börsig nannte Breuers Äußerung „ungeschickt.“

Wenige Monate nach dem Interview hatte die Kirch-Gruppe Insolvenz angemeldet. Leo Kirch machte bis zu seinem Tod Breuer und die Deutsche Bank für die Pleite verantwortlich und forderte Schadenersatz in Milliardenhöhe. In einem Vergleich einigten sich die Kirch-Erben mit der Deutschen Bank letztlich auf die Zahlung von 925 Millionen Euro.