Deutsche Börse hat freie Bahn bei NYSE
New York/Frankfurt (dpa) - Die Deutsche Börse hat freie Bahn bei ihrer geplanten Fusion mit der New York Stock Exchange. Die US-Technologiebörse Nasdaq hat ihr Gegenangebot für den altehrwürdigen Wall-Street-Betreiber fallengelassen.
Die US-Wettbewerbshüter hatten zuvor signalisiert, dass sie einen rein amerikanischen Zusammenschluss nicht durchgehen lassen würden - zu mächtig wäre ein solcher Börsenkoloss auf dem US-Markt geworden.
Die Nasdaq sehe keine Chance, das 11 Milliarden Dollar schwere Angebot durchzubekommen, sagte Nasdaq-Chef Bob Greifeld am Montag nach Gesprächen mit Vertretern der Wettbewerbsabteilung des US-Justizministeriums. Nach den Worten von Greifeld hätten sich die Beamten nicht einmal durch angebotene Zugeständnisse wie den Verkauf von Geschäftszweigen erweichen lassen.
„Der Fusion zwischen Deutscher Börse und NYSE sollte nun nichts mehr im Wege stehen“, sagte Analyst Christian Muschick von der Investmentbank Silvia Quandt. Bei den Partnern herrschte entsprechend Erleichterung über den Rückzieher der Nasdaq. „Wie wir schon immer gesagt haben, schafft nur die Fusion mit der Deutschen Börse die führende Börsengruppe der Welt“, sagte NYSE-Chef Duncan Niederauer, der auch die Megabörse führen soll.
Die NYSE hatte sich gegen eine Übernahme durch die kleinere und wesentlich jüngere Nasdaq gewehrt und zur Deutschen Börse gehalten. Gemeinsam würden Deutsche Börse und NYSE zur Nummer eins der Branche aufsteigen mit Standorten in New York, Frankfurt und anderen europäischen Städten. „Wir nehmen die Entscheidung zur Kenntnis und führen unseren eigenen Prozess wie geplant fort“, erklärte ein Deutsche-Börse-Sprecher. Die Fusion soll bis zum Jahresende über die Bühne gehen.
Deutsche Börse und NYSE hatten ihr Zusammengehen im Februar verkündet, Anfang April war ihnen die Nasdaq mit ihrem Gegenangebot dazwischengefahren. Um die teure Übernahme zu stemmen, hatte sich die Nasdaq mit der US-Rohstoffbörse IntercontinentalExchange verbündet. Die NYSE wäre am Ende zerschlagen worden. Das hatte Widerstände im Management ausgelöst. Viele NYSE-Aktionäre waren aber angetan von der Übernahmeidee, weil anders als bei der Fusion zwischen NYSE und Deutscher Börse neben Aktien auch Bares erhalten hätten.
Die NYSE-Aktien waren in Erwartung eines Übernahmekampfs kräftig gestiegen. Am Montag brachen sie dann im frühen New Yorker Handel um 10 Prozent ein. Dagegen gewannen die Papiere der Deutsche Börse 4 Prozent. „Der Zusammenschluss von Deutscher Börse und NYSE war von Anfang an eine Wunschehe“, sagte Andreas Lipkow, Händler bei MBW Fairtrade. „Der Nebenbuhler Nasdaq stand eigentlich nur aus rein US-patriotischen Gründen auf der Agenda.“
Beiderseits des Atlantiks herrscht die Sorge, untergebuttert zu werden. Die deutschen Arbeitnehmervertreter fürchten, dass Jobs wegfallen, wenn etwa die IT-Systeme verschmolzen werden. US-Politiker wiederum haben offen Bedenken geäußert, dass der Finanzplatz New York an Gewicht verlieren könnte - denn die Aktionäre der größeren Deutschen Börse bekämen die Mehrheit an der neuen Megabörse.
Zudem gibt es Bedenken, dass der Wettbewerb leiden könnte, hier indes vor allem in Europa. Nach der transatlantischen Fusion blieben nur noch zwei Handelszentren auf dem Kontinent übrig: Frankfurt und London. Die Londoner Börse versucht gerade ihrerseits, sich mit der Börse in Toronto zusammenzutun, um sich zu stärken; diese Vorhaben versucht eine Gruppe kanadischer Finanzfirmen zu verhindern.