Deutsche Wirtschaft ist nicht zu bremsen

Berlin (dpa) - Der deutsche XXL-Aufschwung geht weiter: Die Bundesregierung will ihre Wachstumsprognose für 2011 auf mindestens 2,5 Prozent anheben. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet kräftiges Wachstum in Deutschland.

Nach Einschätzung von Bundesbankpräsident Axel Weber dürfte die größte Ökonomie Europas den schweren Einbruch des Rezessionsjahres 2009 deutlich schneller verdaut haben als die meisten europäischen Partner. Allerdings müssten sich die Verbraucher auf steigende Inflationsraten einstellen: Sie könnten zum Jahresende sogar fast drei Prozent erreichen.

Das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone mit seinen 17 Mitgliedsländern werde „etwa erst zum Ende des Jahres 2012“ wieder auf Vorkrisenniveau sein, sagte Weber am Samstag im ungarischen Gödöllö nach Beratungen der EU-Finanzminister. Anders in Deutschland: „Wir dürften das in Deutschland schon Ende dieses Jahres erreichen“, sagte er.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) will die Wachstumsprognose für Deutschland im laufenden Jahr auf mindestens 2,5 Prozent anheben, wie die Nachrichtenmagazine „Focus“ und „Spiegel“ unter Berufung auf Regierungskreise berichteten. Bislang gingen die Konjunkturexperten in Berlin von 2,3 Prozent aus. Für das kommende Jahr rechneten sie nun mit 2,0 Prozent Wachstum.

Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums wollte die Zahlen nicht bestätigen. Sie verwies auf die laufenden Arbeiten und die Vorstellung der Prognose durch Brüderle an diesem Donnerstag. Die Konjunkturerwartung würde mit der neuesten Anhebung zum sechsten Mal in Folge nach oben korrigiert. Laut „Spiegel“ erwartet auch der IWF ein kräftiges Plus in Deutschland: 2011 werde die Wirtschaftsleistung um 2,5 Prozent zulegen, 2012 um 2,2 Prozent.

Auch nach Einschätzung der führenden Forschungsinstitute bleibt die deutsche Wirtschaft trotz der Katastrophen und Krisen in der Welt auf kräftigem Wachstumskurs. Die Experten rechnen nach dem am Donnerstag vorgestellten Frühjahrsgutachten für dieses Jahr mit einer Zunahme der Wirtschaftsleistung um 2,8 Prozent - ein deutlich stärkeres Plus als noch im Herbst erwartet. Damals hatten die Institute ein Wachstum von 2,0 Prozent prognostiziert. 2012 werde sich der Aufschwung mit einem Zuwachs von 2,0 Prozent etwas abschwächen.

Der kräftige Aufschwung hilft auch dem Arbeitsmarkt. Bis Ende 2012 sollten nach Schätzung der Regierungsexperten rund 600 000 neue Jobs entstehen, schreibt der „Spiegel“. Die Institute erwarten, dass die Arbeitslosigkeit schon 2011 im Jahresdurchschnitt unter die Drei-Millionen-Marke fallen könnte. Demnach wird die Arbeitslosenzahl im Jahresdurchschnitt von gut 3,2 Millionen im vergangenen Jahr auf knapp 2,9 Millionen 2011 und auf 2,7 Millionen 2012 sinken. Allein in diesem Jahr könnten 430 000 neue Jobs entstehen.

Bundesbankpräsident Weber betonte allerdings, dass sich die Preisperspektiven eintrübten. Für den gesamten Euroraum gingen die Währungshüter im Jahresdurchschnitt von einer Teuerungsrate deutlich über der EZB-Warnschwelle von 2 Prozent aus. „Ich würde sogar so weit gehen, dass sich das Richtung 2,5 Prozent im Durchschnitt des Jahres bewegen könnte“, sagte Weber. Die Perspektiven für Deutschland seien schlechter: Dort rechne er vor allem in der zweiten Jahreshälfte mit Preissteigerungsraten, „die sogar an 3 Prozent herankommen könnten“.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte gerade erst mit einer Zinserhöhung ihre Politik des extrem billigen Geldes beendet. Der Leitzins stieg um 0,25 Punkte auf 1,25 Prozent, um der anziehenden Inflation Einhalt zu gebieten. Seit Monaten heizen hohe Energie- und Rohstoffpreise die Inflation an, im März lag die jährliche Teuerungsrate im Euro-Raum bei 2,6 Prozent.

Größere Gefahren für die Erholung in Europa sind nach Einschätzung von EU-Währungskommissar Olli Rehn nicht in Sicht. Der Aufschwung verfestige sich. „Es bleiben aber Unsicherheiten“, sagte Rehn und wies auf die Krisen im Nahen Osten und Nordafrika sowie die Atomkatastrophe in Japan hin. Es sei aber unwahrscheinlich, dass die internationalen Krisen den Aufschwung in Europa beeinträchtigten.