Vorwürfe Deutschlands Exportstärke im Visier Trumps
Frankfurt/Main (dpa) - Länder wie China und Mexiko haben sich längst an Frontalangriffe von Donald Trump gewöhnt.
Aber jetzt ist auch Deutschland in die Schusslinie geraten: Die größte Volkswirtschaft Europas beute seine Handelspartner durch einen zu schwachen Euro aus, so der Vorwurf. Auch in China und Japan sieht Trump Währungsmanipulationen.
Was werfen Trump & Co Deutschland und anderen Ländern vor?
Eigentlich ist die Deutsche Mark längst Geschichte. Aber für den Handelsbeauftragten Trumps, Peter Navarro, existiert sie offenbar im Geiste weiter. Deutschland beute seine Handelspartner durch eine „extrem unterbewertete implizite Deutsche Mark“ aus, sagte er der „Financial Times“. Sein Argument: Für die stärkste Volkswirtschaft Europas sei die Gemeinschaftswährung zu schwach. Hätte Deutschland eine eigene Währung, wäre diese stärker. Der schwache Euro aber macht deutsche Exportwaren im Ausland billiger und damit wettbewerbsfähiger. Andere Länder wie die USA hätten das Nachsehen. Am Dienstag machte Trump auch China und Japan ähnliche Vorwürfe: Sie manipulierten am Geldmarkt herum und „wir sitzen hier wie ein Haufen Dummköpfe“.
Was ist dran an den Vorwürfen?
Seit Jahrzehnten erwirtschaftet Deutschland mit wenigen Ausnahmen hohe Überschüsse im Handel mit anderen Ländern. Waren „Made in Germany“ sind gefragt, auch zu Zeiten, als es noch die vergleichsweise starke D-Mark gab. Kritik an der deutschen Exportstärke kommt immer mal wieder auch von europäischen Partnern oder dem Internationalen Währungsfonds. Deutschland überschwemme südeuropäische Länder mit seinen Waren und mache dadurch deren Wirtschaft kaputt. Die Länder könnten sich wegen des gemeinsamen Euro nicht durch Währungsabwertungen wehren. Deutschland sollte mehr investieren und so die Nachfrage nach ausländischen Produkten anschieben. Allerdings hat diese Kritik nichts mit Deutschlands Wirtschaftsbeziehungen zu den USA zu tun.
Wie reagieren die von Trump kritisierten Länder auf die Vorwürfe?
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Kritik zurückgewiesen. Deutschland habe immer dafür geworben, dass die Europäische Zentralbank (EZB) eine unabhängige Politik mache - so wie das auch die Bundesbank getan habe als es noch keinen Euro gab. „Deshalb werden wir auf die Notenbank keinen Einfluss nehmen.“ Auch Japan wies die Vorwürfe zurück. Wenn nötig, könne er Trump die japanische Geldpolitik erklären, sagte Regierungschef Shinzo Abe.
Was haben die Notenbanken mit den Vorwürfen zu tun?
Die Niedrigzinsen und die milliardenschweren Wertpapierkäufe der Europäischen Zentralbank schwächen tendenziell den Euro. In den USA hat die Notenbank Fed die Zinsen zuletzt in zwei Schritten erhöht. Für Anleger ist es daher lukrativer, in Dollar zu investieren. Der Greenback gewinnt dadurch gegenüber anderen Währungen an Stärke. Die Euro-Schwäche ist allerdings kein Ziel der EZB, sondern eine Art Nebenwirkung der Geldschwemme, mit der Inflation und Konjunktur im Euroraum angekurbelt werden sollen. „Wechselkurse sind kein Ziel für uns“, betont EZB-Präsident Mario Draghi immer wieder.
Manipulieren führende Notenbanken derzeit ihre Währungen?
Nein. Derzeit gibt es keine Interventionen am Devisenmarkt in nennenswertem Umfang. Darauf haben sich führende Industriestaaten geeinigt. Besonders absurd sind Trumps Vorwürfe im Falle Chinas. Das Land greift seit geraumer Zeit am Devisenmarkt ein, um eine zu starke Abwertung seiner Währung Yuan zu verhindern. Die Chinesen machen also genau das Gegenteil von dem, was Trump ihnen vorwirft.
Warum ist das Thema Währungen für Trump so wichtig?
Die USA kämpfen seit Jahrzehnten mit einem extremen Leistungsbilanzdefizit, im dritten Quartal 2016 lag die Lücke bei 113 Milliarden US-Dollar. Es werden also viel mehr Güter importiert als exportiert. Das muss durch Geld aus dem Ausland finanziert werden. Die USA leben auf Pump, während sich Deutschland und China ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Titel des Exportweltmeisters leisten. Das Problem: Die US-Wirtschaft ist konsumgetrieben, viele Amerikaner sind hoch verschuldet, die Industrie schwächelt und die Produktivität wächst kaum. Für Trump ist klar: Schuld an der Misere sind die anderen.
Welche Mittel hat Trump, um den Dollar zu schwächen?
Kurzfristig reichen derzeit schon ein paar Worte. Nach den Äußerungen Trumps und seines Beraters fiel der Wert des Dollar am Dienstag im Verhältnis zum Euro um ein Prozent. Langfristig müsste Trump aber zu handfesten Mitteln greifen. „Er könnte über das Finanzministerium die US-Notenbank dazu anweisen, direkt am Devisenmarkt einzugreifen, um den Dollar zu schwächen“, sagt Esther Reichelt, Expertin bei der Commerzbank. Die Fed müsste dann etwa Fremdwährungen kaufen, um den Dollar zu schwächen.
Kann Trump die US-Notenbank Fed zur Währungsmanipulation zwingen?
Der Anweisung für einen direkten Eingriff am Devisenmarkt müsste die Fed grundsätzlich folgen. Bei der Höhe der Leitzinsen hat Trump dagegen nicht mitzureden - eigentlich. In einem Jahr endet aber die Amtszeit von Notenbankchefin Janet Yellen. Dann kann Trump einen Wunschnachfolger bestimmen, der beispielsweise die Zinsen weiter niedrig hält, um eine Dollar-Stärke zu vermeiden. Yellen peilt dagegen nach langem Zögern einen Straffungskurs an - Konflikte mit Trump scheinen vorprogrammiert. Immerhin: Bei der Zinsentscheidung am Mittwoch gibt es wohl vorerst keinen Anlass für Streit. Experten rechnen nicht damit, dass die Fed die Zinsen schon jetzt weiter anheben wird.