Duisburg Rettungsanker Outlet: Kommunen setzen auf Schnäppchenjäger
Was tun, wenn die Läden in den Innenstädten leerer werden und der Online-Handel boomt? Viele Städte besinnen sich auf die Ansiedlung von Outlet-Centern. Nun stehen in Duisburg die Planungen für den Bau des deutschlandweit größten Fabrikverkaufs auf dem Prüfstand.
Duisburg. Das Outlet als Ausweg: Im Kampf gegen sinkende Umsätze in stationären Geschäften durch den boomenden Online-Handel gelten die Schnäppchenparadiese als Trumpfkarte. „Wir sehen da einen Boom“, sagt Marco Atzberger, Geschäftsführer des Handelsforschungsinstituts EHI.
Denn angesichts zurückgehender Einnahmen in vielen Innenstädten wecken Fabrikverkaufszentren Hoffnungen auf neue Arbeitsplätze und Umsätze auch über die Stadtgrenzen hinaus - und damit auf steigende Steuereinnahmen. Die noch bis vor Jahren vorherrschenden Sorgen um die Innenstädte gehörten in den Kommunen mittlerweile der Vergangenheit an, sagt Atzberger. „Negative Konsequenzen werden in Kauf genommen“.
„Outlets sollen zum Rettungsanker werden, wenn der eigene Einzelhandel nicht mehr läuft“, sagt auch Experte Joachim Stumpf von der Handelsberatung BBE. Neben dem Versprechen auf billige Preise können die neuen Outlet-Center nach Einschätzung der Fachleute vor allem als touristische Ausflugsziele punkten.
„Die Leute müssen in ein Urlaubsgefühl versetzt werden“, meint Joachim Will vom Wiesbadener Planungsbüro Ecostra. Will hat im Auftrag des Berliner Grundstückseigentümers Krieger die Planungen für Deutschlands größtes Outlet-Center auf einem ehemaligen Güterbahngelände in Duisburg begutachtet. Bei einer Sitzung am Mittwoch soll der Rat der Stadt grünes Licht für das Großprojekt mit einer geplanten Verkaufsfläche von bis zu 30 00 Quadratmetern geben.
Bundesweit bekannt geworden war das Gelände in der Nähe des Hauptbahnhofs, als sich dort im Sommer 2010 die Tragödie der Loveparade ereignet hatte, bei der 21 Menschen ums Leben kamen. Noch heute erinnert eine Gedenkstätte an das Unglück.
Betreiber des Outlets soll die spanische Neinver-Gruppe werden, die zu den größten Outlet-Betreibern in Europa gehört. Zwischen 140 und 175 Läden sollen in einer Bebauung im „Village Stil“ mit kleinen Plätzen und nachempfundenen Gassen vor allem Mode, Sportartikel und Schuhe anbieten.
Ähnliche Planungen für Outlet-Center wie derzeit in Duisburg gibt es auch in mehreren umliegenden Städten. „Wir sehen in Nordrhein-Westfalen derzeit einen hektischen Wettlauf der Kommunen“, sagt Atzberger. Neidisch blicken viele Politiker etwa auf den Erfolg des Outlet-Centers im niederländischen Roermond, das wegen seiner grenznahen Lage nach Einschätzung von Beobachtern von vielen deutschen Kunden besucht wird.
Doch das Duisburger Projekt spaltet schon heute Gegner und Befürworter in der Revierstadt. „Das Einwohner-und Kaufkraftpotenzial ist sensationell“, sagt Will angesichts der Lage des geplanten Centers in einem der größten Ballungsräume Europas. Hinzu komme die fußläufige Entfernung zum Hauptbahnhof und die direkte Anbindung an eine stark befahrene Autobahn.
Wilhelm Bommann vom Einzelhandelsverband Niederrhein sieht dagegen die Duisburger Innenstadt bei einer Verwirklichung der Pläne in akuter Gefahr. Ob die Kunden des neuen Outlet-Centers den rund 2,5 Kilometer langen Weg in die Duisburger City in Kauf nehmen würden, sei durchaus zweifelhaft, meint er. „Einkaufen, Einpacken, Davonbrausen„, beschreibt er ein mögliches Szenario. Das Nachsehen hätte der lokale Einzelhandel.
Auch Handelsexperte Stumpf macht den örtlichen Einzelhändlern nur wenig Hoffnung. „Jeder Cent, der dort ausgegeben wird, fehlt anderswo“, sagt er. Für die nächsten Jahre sieht Stumpf indes auch in Deutschland noch Potenzial für neue Outlets - auch wenn der Online-Handel weiter wachsen dürfte.