Die Billigflieger ändern ihre Strategie
Ryanair und Co. fliegen künftig verstärkt Europas Großstädte an.
Frankfurt. Die vorläufig an ihre Wachstumsgrenzen gestoßenen Billigflieger suchen nach neuen Kunden. Mit attraktiveren Zielen in den europäischen Metropolregionen und mehr Service wollen sie etablierten Airlines wie Lufthansa oder Air France-KLM das Leben schwerer machen. Experten erwarten günstigere Tickets als Folge der verstärkten Konkurrenz.
Nach einer Untersuchung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) sind die Billigflüge mit ihren 65,6 Millionen Passagieren (Anteil von 32,3 Prozent am Gesamtaufkommen) aus Deutschland zuletzt trotz sinkender Kerosinpreise wieder etwas teurer geworden.
Doch die Experten erwarten mittelfristig sinkende Ticketraten, weil der mit 300 Jets stärkste Billigflieger Ryanair auf größere Flughäfen dränge und die dort operierenden Gesellschaften unter Druck setze.
Ab Oktober haben die Iren mit Köln eine weitere deutsche Großstadt als Basis und setzen den dortigen Platzhirschen Germanwings unter Druck. Bremen, Berlin und Leipzig haben die blau-gelben Billigheimer schon länger im Angebot, fliegen in Europa attraktive Metropolen wie Rom, Brüssel, Mailand oder Barcelona an.
„Ryanair drängt in die Großstädte“, sagt ein hochrangiger Lufthanseat. Noch bilden allerdings Regionalflughäfen wie Weeze bei Düsseldorf und Hahn im Hunsrück die Schwerpunkte im deutschen Flugplan der Iren.
Immer neue Gesellschaften mit jungen, einheitlichen Flotten und billigem Personal drängen auf den bereits eng besetzten europäischen Markt. Als Preisbrecher vor allem nach Osteuropa betätigt sich die ungarische Wizz, nach Spanien will Vueling aus der British-Airways-Gruppe IAG günstige Preise bieten. In den beiden größten deutschen Städten Berlin und Hamburg ist zudem der Branchenzweite Easyjet schon gut im Kurzstreckengeschäft vertreten und macht Air Berlin das Überleben schwer.
Im kommenden Jahr will etwa Germanwings mit knapp 90 Flugzeugen 18 Millionen Passagiere durch Europa fliegen und die Gewinnschwelle früher als geplant erreichen, wie Lufthansa-Finanzchefin Simone Menne andeutet. Germanwings könne „nicht nur billig“, sagt Germanwings-Chef Thomas Winkelmann.
Statt einheitlichem Minimal-Service wird das Angebot differenziert. Ryanair-Chef Michael O’Leary bietet nun eine Business-Klasse mit freien Mittelplätzen und umbuchbaren Tickets. Dass diese auch über Reisebüros zu buchen sind, kommt in dem bislang radikalen Low-Cost-Unternehmen einer Kulturrevolution gleich.
Die von den ehemaligen Staatsfluglinien abgewanderten Vielflieger sind auch für die Billiglinien die entscheidende Kundengruppe, deren Komfort-Bedürfnisse man auf Dauer nicht vollkommen ignorieren kann.