Die Krise ist abgehakt, die Wirtschaft ist in Partylaune
Die gute Stimmung überrascht selbst Experten. Das Ausland feiert das „deutsche Jobwunder“.
München. Es sind Worte, die Wirtschaftsforscher selbst in guten Zeiten selten benutzen. "Die deutsche Wirtschaft ist wieder in Partylaune", sagt Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Der wichtige Ifo-Geschäftsklimaindex legt im Juli so kräftig zu wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Dabei hatten Volkswirte zuvor vor einer leichten Eintrübung gewarnt. Wie bereits im Juni lagen sie falsch. Die Krise, so scheint es, ist abgehakt.
Nach den Hiobsbotschaften der schwersten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg reißt die Kette guter Nachrichten nicht mehr ab. "Die Firmen berichten von einer erheblich besseren Geschäftslage als im vergangenen Monat", sagt Sinn. Für manche Branchen klingt das beinahe untertrieben, die Autobauer etwa fahren Sonderschichten, verkürzen Werksferien und haben Mühe, die boomenden Märkte vor allem in Asien zu beliefern.
Kurzarbeit ist weitgehend Geschichte. Firmen suchen mit Hochdruck nach neuen Mitarbeitern. Der Trend weist nach oben. Dennoch warnen Experten und Unternehmen gleichermaßen vor Euphorie und davor, die Krise für beendet zu erklären. Zu tief sitzt bei vielen noch der Eindruck, den der beispiellose Wirtschaftseinbruch hinterlassen hat. Die mahnenden Stimmen werden zwar leiser, verstummen aber nicht.
"Dieser Anstieg des Geschäftsklimas passt kaum in die Landschaft, die von Skepsis über die US-Konjunktur, Sorgen um die Staatsfinanzen im Euroraum und der Diskussion über den Bankenstresstest beherrscht wird", schreibt die Landesbank Baden-Württemberg in einer Studie. Auch das Ifo-Institut mahnt, dass Sorglosigkeit das falsche Signal sei. Es lauern noch Schwierigkeiten.
Die Griechenland-Krise habe gezeigt, wie schnell die Lage kippen kann, sagt Ifo-Konjunkturexperte Klaus Abberger. Trotzdem könne die deutsche Wirtschaft aufatmen. "Wir haben das ganz tiefe Tal durchschritten." Das gelte für fast alle Branchen. Nicht nur die Industrie, auch der Handel melde eine deutlich bessere Stimmung.
"Die Daten zeigen, in welch’ guter Verfassung Deutschland ist", sagt Deka-Bank-Experte Andreas Scheuerle. Die Erholung komme mittlerweile auf dem Arbeitsmarkt an. Das werde auch auf den Konsum wirken, glaubt Abberger.
"Die Personalplanungen der Unternehmen sind günstiger als bisher und deuten auf einen leichten Beschäftigungsaufbau hin", sagt Sinn. Auch für dieses Phänomen gibt es zumindest im Ausland Worte, die Wirtschaftsforscher hierzulande selbst in guten Zeiten selten benutzen: "Das deutsche Jobwunder".