Die schonungslose Stimme der Aktionäre
Daniela Bergdolt ist Aktionärsvertreterin und lehrt Vorständen das Fürchten.
München. Wenn Daniela Bergdolt auf einer Hauptversammlung ein rotes Halstuch trägt, müssen sich die Vorstände der großen deutschen Konzerne warm anziehen: "Rot ist ein Alarmsignal", sagt die Aktionärsvertreterin über ihre zur Schleife gebundenen Halstücher, die längst ihr Markenzeichen geworden sind. Auf mehr als 500 Hauptversammlungen hat die bayerische Landeschefin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in den vergangenen Jahrzehnten das Wort für die Aktionäre ergriffen.
Ihren nächsten großen Auftritt hat sie am 5. Oktober bei der letzten Hauptversammlung der HRE, nach der der Bund die verbliebenen Aktionäre aus dem Unternehmen drängen will. Aus Sicht von Bergdolt ist die vollständige Verstaatlichung eine Katastrophe - und das wird sie auch in aller Deutlichkeit sagen. "Vielleicht sollte ich mir dafür rote Schuhe kaufen."
In den Chefetagen wird die Anwältin wegen ihrer pointierten Reden gefürchtet, von den Aktionären für die bildhafte Sprache geschätzt. "Tiefrot, nein, blutig sind die Spuren, die die Dresdner Bank in der Bilanz der Allianz hinterlassen hat", sagte sie bei der Hauptversammlung der Allianz. Dass sie sich damit bei den Firmen keine Freunde macht, ist ihr klar. "Wenn die mich sehen, sagen sie: Um Gottes Willen, die Bergdolt ist da", sagt sie und lacht.
Auf dem Podium wirkt Bergdolt mit ihren scharfen Bemerkungen, der spärlichen Mimik und der adrett toupierten Hochsteckfrisur eiskalt. Privat hingegen zeigt sie ein ganz anderes Gesicht. Wann immer sie Zeit dafür findet, marschiert sie mit ihren beiden Hunden durch den Englischen Garten in München. Zur Familie gehören zudem vier erwachsene Kinder, die ihr Mann bei der Hochzeit vor sieben Jahren in die Ehe brachte, und deren vier Kinder.
Neben der Arbeit für die DSW und ihre eigene Kanzlei in München-Schwabing engagiert sich die 50-Jährige bei der Ausbildung von Fachanwälten für das Bank- und Kapitalmarktrecht, wo sie in Deutschland noch großen Nachholbedarf sieht.
Sie selbst hat ihre Liebe zur Börse schon als Kind entdeckt. "Mit zehn Jahren hat mir mein Vater die erste Aktie gekauft." Sie durfte bei der Auswahl mitreden und entschied sich für Mannesmann. Mit zwölf Jahren verkaufte Bergdolt das Papier - und machte einen Gewinn von 20 Prozent. Bei so einer Rendite eines Unternehmens würde sie heute vielleicht sogar mal ein blaues Halstuch für den Auftritt auf der Hauptversammlung anziehen: Denn das steht in ihrem Dresscode für einen friedlichen Auftritt.