Durchmarsch für ACS bei Hochtief

Essen (dpa) - Nach dem Durchmarsch des spanischen Hochtief-Großaktionärs ACS fürchten Aktionäre eine Ausplünderung des größten deutschen Baukonzerns.

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass ACS einen so steinigen, so unangenehmen Weg gegangen ist, nur um eine Tochter mehr zu haben“, sagte der Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler, am Donnerstag auf dem Hochtief-Aktionärstreffen in Essen. Nach einer monatelangen Schlacht um Hochtief strebt der hoch verschuldete Baukonzern ACS bis zur Jahresmitte die Mehrheitsübernahme bei Hochtief an.

Bei dem Aktionärstreffen konnten die Spanier die komplette Seite der Anteilseigner im Hochtief-Aufsichtsrat nach ihren Vorstellungen neu besetzen. Die Liste für die Wahlen zum Kontrollgremium hatte ACS erst am vergangenen Wochenende vorgelegt. Alle acht von ACS vorgeschlagenen Kandidaten wurden jeweils mit deutlich mehr als 90 Prozent der abgegebenen Stimmen gewählt. ACS ist damit künftig mit vier direkten Vertretern im Hochtief-Kontrollgremium präsent.

Stützen konnte sich der Hochtief-Großaktionär dabei auf ein Aktienpaket von mehr als 43 Prozent an Hochtief. Da lediglich knapp 70 Prozent der Hochtief-Anteile vertreten waren, hatte ACS damit die Abstimmungsmehrheit bei der Versammlung sicher. Vor diesem Hintergrund zogen mehrere Mitglieder des alten Aufsichtsrats, die sich vergeblich gegen die Übernahme gestemmt hatten, kurzfristig ihre Kandidatur für das Kontrollgremium zurück. Der amtierende Hochtief-Aufsichtsratschef Detlev Bremkamp zog daraufhin die Konsequenzen und stellte bei der Versammlung lediglich die ACS-Liste zur Wahl.

Keinen Platz mehr im Kontrollgremium sahen die Spanier für den bisherigen Aufsichtsratschef, aber auch nicht für Ex-Hochtief-Chef Hans-Peter Keitel, Heinrich von Pierer und Wilhelm Simson. Alle vier Manager verzichteten angesichts der Übermacht von ACS kurz vor dem Aktionärstreffen auf ihre Kandidatur.

Zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats wurde im Anschluss an die Hauptversammlung der ehemalige Conti-Chef Manfred Wennemer (63) gewählt. Sein Stellvertreter wurde Konzernbetriebsratschef Ulrich Best.

Die Wahl des von ACS vorgeschlagenen Aufsichtsrats markiere das Ende der Unabhängigkeit von Hochtief, klagten Aktionärssprecher. Mehrere Redner kritisierten den Großaktionär und forderten ihn auf, seine Pläne auf den Tisch zu legen. Ein ACS-Sprecher betonte, man habe sehr wohl Interesse am Wohlergehen des Unternehmens und der Aktionäre.

Der scheidende Hochtief-Vorstandschef Herbert Lütkestratkötter begründete seinen Rückzug mit dem Druck der Spanier. ACS-Vertreter hätten „sehr deutlich“ gemacht, dass man einen Wechsel wünsche, sagte Lütkestratkötter, der sichtlich bewegt den Applaus von Aktionären entgegennahm. Dem Hochtief-Chef wird sein Abschied mit einer Abfindung von mehr als vier Millionen Euro versüßt.

Neuer Hochtief-Chef wird der bisher für das Europa-Geschäft des Konzerns zuständige Manager Frank Stieler. Stieler gilt als Favorit von ACS. Bereits an seinem ersten Arbeitstag am Freitag will der neue Chef nach Australien fliegen, um bei der mit Problemen kämpfenden Hochtief-Tochter Leighton nach dem Rechten zu sehen. Die einstige Hochtief-Ertragsperle erwartet einen hohen Jahresverlust.

Zuvor will Stieler sich jedoch der Belegschaft am Stammsitz des Konzerns in Essen vorstellen und Befürchtungen aus dem Weg räumen. Hochtief werde seine Unabhängigkeit und seinen Unternehmenssitz in Essen behalten, betonte er vor dem Aktionärstreffen.

Wegen Leighton musste Hochtief die Prognose für das Vorsteuerergebnis in diesem Jahr drastisch nach unten korrigieren. Der Konzerngewinn soll 2011 jedoch auf dem Niveau des Vorjahres von 288 Millionen Euro bleiben. Im Rekordjahr 2010 hatte der Konzern noch ein Ergebnis vor Steuern von 756,6 Millionen Euro erwirtschaftet.

Auch Hochtief-Großaktionär ACS hatte nach dem Einbruch bei Leighton seine Prognose für das laufende Jahr deutlich absenken müssen. Für die Jahre 2012 und 2013 herrscht bei Hochtief aber weiter Optimismus: Die Essener peilen dann weiterhin ein Vorsteuerergebnis von rund einer Milliarde Euro an.