E10: Total und BP setzen wieder auf altes Super
Berlin (dpa) - Es soll die neue Haupt-Benzinsorte werden - doch der Biosprit E10 fließt weiterhin viel zu wenig. Die Mineralölkonzerne BP und Total lassen schon wieder mehr herkömmliches Super produzieren.
Konkurrent Shell bietet sogar Versicherungen an, um den Ladenhüter loszuwerden.
Der neue Biosprit E10 droht trotz Werbe- und Aufklärungskampagnen beim Verbraucher endgültig zu scheitern. Die Kraftstoffkonzerne BP und Total lassen wegen der anhaltend schwachen Nachfrage schon wieder mehr herkömmliches Super-Benzin herstellen - ein erstes klares Anzeichen für das mögliche Scheitern von E10. In den drei Raffinerien Leuna, Schwedt und Karlsruhe ist die Produktion angepasst worden, wie die Unternehmen am Dienstag auf Anfrage berichteten. Die Mineralölkonzerne sind längst skeptisch, ob sie die von der Politik vorgeschriebene Biosprit-Quote überhaupt erreichen.
„Wir müssen uns danach richten, was der Kunde an den Zapfsäulen nachfragt, und haben deshalb die Volumenplanung von E10 nach unten angepasst“, sagte ein Total-Sprecher. Er begründete die Umstellung auf mehr herkömmliches Super-Benzin auch betriebswirtschaftlich. „Wir können kein E10 auf Halde produzieren.“ Es könne nicht sein, dass das Unternehmen rote Zahlen schreibe, nur weil eine Richtlinie gesetzlich erfüllt werden müsse. Hintergrund der Kritik: Die EU schreibt mehr erneuerbare Energien für den Transportsektor vor. Deutschland setzte das unter anderem damit um, dass E10 Hauptbenzinsorte werden muss.
Wird die Quote nicht erfüllt, drohen Strafzahlungen. Experten fürchten, dass die Mineralölkonzerne diese auf die Spritpreise eins zu eins aufschlagen. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) warnt die Branche eindringlich, Strafzahlungen für zu wenig verkauften Biosprit an die Tankkunden weiterzureichen - doch in Regierungskreisen geht man davon aus, dass das E10-Debakel längst eingepreist ist. „Wenn wir so weitermachen, werden wir die Quote nicht erreichen“, sagte der Leiter des deutschen Shell-Tankstellengeschäftes, Jörg Wienke.
Neben Total lässt auch die Deutsche BP weniger E10 herstellen - und das bereits seit Wochen. „Wir haben die Produktion von E10 gedrosselt, weil wir förmlich drauf sitzen“, sagte ein Sprecher. Bereits kurz dem „Benzin-Gipfel“ Anfang März sei die Produktion runtergefahren worden. BP habe diese Anpassungen in den Raffinerien in Schwedt und Karlsruhe vorgenommen. In anderen Werken, etwa in Nordrhein-Westfalen, sei die Einführung von E10 bis auf weiteres verschoben. Bei Shell hingegen gab es ähnliche Umstellungen in der Produktion bisher wohl nicht. „Da ist mir mit dem heutigen Tage nichts bekannt“, sagte eine Sprecherin.
Aus der Raffinerie Schwedt verlautete, dass bereits seit einiger Zeit weniger E10 produziert werde. „Es hat schon vor Wochen eine Umstellung in der Produktion wegen der veränderten Nachfrage gegeben, weil die Ware nicht abgeholt wurde“, sagte eine Sprecherin der Raffinerie, an der neben Total auch BP und Shell beteiligt sind. „Bei Super-Plus sind wir an der oberen Kapazitätsgrenze.“ Die Produktion werde laufend angepasst. Ohne konkrete Firmen zu nennen, sagte die Sprecherin, mehrere Konzerne hätten die Anpassung in Auftrag gegeben.
Geplant war, dass E10 schrittweise andere Benzinsorten ablöst. Doch laut der Sprecherin in Schwedt wird bei E10 nur ein Zehntel vom geplanten Kontingent verkauft.
Die Kosten der Umrüstung in der gesamten Mineralölbranche wegen des neuen Biosprits belaufen sich nach Angaben des Total-Sprechers auf eine dreistellige Millionensumme. „E10 war groß geplant. Aber es gibt keine Trendwende.“ Das Unternehmen werde weiterhin E10 anbieten.
Auf dem „Benzin-Gipfel“ vor drei Wochen hatten Bundesregierung, Mineralöl- und Autoindustrie beschlossen, bei den Autofahrern für mehr Vertrauen in den neuen Kraftstoff zu werben. Immer noch aber halten sich viele Autofahrer beim E10-Tanken zurück - trotz höherer Preise für das herkömmliche Super und Super Plus. Die Gründe sind etwa fehlende Information, Misstrauen oder Abwarten auf Erfahrungen.
Shell sorgte am Dienstag für Aufsehen, indem das Unternehmen eine kostenlose Versicherung ankündigte, die mögliche E10-Schäden bezahlt. Die Police setzt jedoch unter anderem voraus, dass die Versicherten fast ausschließlich bei Shell tanken.