Einzelhandel tritt zum Jahresstart auf der Bremse
Wiesbaden (dpa) - Der deutsche Einzelhandel ist überraschend schwach ins neue Jahr gestartet. Im Vergleich zum Dezember sanken die Umsätze im Januar deutlich. Dies teilte das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden mit.
Danach lagen die Branchenerlöse kalender- und saisonbereinigt nominal um 1,0 Prozent und real um 1,6 Prozent unter dem Niveau des Vormonats. Von der Finanznachrichtenagentur dpa-AFX befragte Ökonomen hatten hingegen mit einem Anstieg um real 0,3 Prozent gerechnet.
Der Branchenverband HDE sieht allerdings keinen Grund, Trübsal zu blasen. Schließlich sei der Dezember traditionell ein sehr starker Monat im Handel. „Im November und Dezember werden 20 Prozent des Jahresumsatzes gemacht“, betonte HDE-Geschäftsführer Kai Falk. Daher mache es mehr Sinn, den Januar mit dem Vorjahreswert zu vergleichen.
Und im Jahresvergleich bleibt der Einzelhandel getragen vom robusten Arbeitsmarkt und der guten Verbraucherstimmung deutlich im Plus. Die Umsätze stiegen gegenüber Januar 2011 nominal um 3,5 Prozent und bereinigt um Preiserhöhungen (real) um 1,6 Prozent. Die Statistiker weisen allerdings darauf hin, dass der Januar 2012 einen Verkaufstag mehr hatte als der Vorjahresmonat.
Im vergangenen Jahr hatten private Konsumaufgaben den Aufschwung in Deutschland maßgeblich mitgetragen, der Einzelhandel erlebte mit einem Umsatzsprung um nominal 2,6 Prozent ein erfolgreiches Jahr.
Der Weihnachtsmonat Dezember lief deutlich besser als bisher berechnet. Nach den korrigierten Zahlen des Statistischen Bundesamtes machten die Händler 1,4 Prozent mehr Umsatz (real: +0,3 Prozent) als im Dezember 2010. Bislang hatte die Behörde nominal ein kleines Plus von 0,5 Prozent, und real ein satte Minus von 0,9 Prozent angegeben.
Der HDE hält nach den neuesten Daten an seiner Jahresprognose fest. Demnach erwartet die Branche 2012 ein Wachstum von 1,5 Prozent auf 420,6 Milliarden Euro. „Im Moment sind wir sehr optimistisch, dass 2012 für den Einzelhandel ein gutes Jahr wird“, sagte Falk.
Die Prognose sei bewusst vorsichtig. Schließlich gebe es große Risiken. So zögen die enorm gestiegenen Kosten für Kraftstoffe und Energie Geld aus dem Einzelhandel „im engeren Sinne“ ab, zu dem Tankstellen ebensowenig zählen wie Apotheken und der Brennstoffhandel. Zudem gebe es große Unsicherheiten, weil die Euro-Staatsschuldenkrise weiter ungelöst ist.
Zuversicht dürfte der Einzelhandel aber aus den neuesten Daten zum Konsumklima schöpfen. Im Februar war die Stimmung der Verbraucher trotz zuletzt nachlassender Konjunktur so gut wie zuletzt vor einem Jahr, wie das Marktforschungsinstitut GfK berichtet hatte. Wichtigster Grund für die Hochstimmung der Bundesbürger: Viele rechnen in den kommenden Monaten mit steigenden Löhnen und Gehältern. Zudem senke die hohe Beschäftigung die Furcht vor Arbeitslosigkeit.
Ökonom Christian Schulz von der Berenberg Bank glaubt weiter fest daran, dass der private Konsum die deutsche Wirtschaft in ihrer Wintertristesse stabilisieren kann - und dass die Verbraucher den Aufschwung anschließend unterstützen werden. Es sei ein starkes Zeichen, dass der Einzelhandel im Januar mehr umsetzte als im vergangenen Winter, obwohl die Gesamtwirtschaft stagnierte und die Ölpreise binnen Jahresfrist um 13 Prozent anzogen.
Über dem Durchschnitt zogen im Januar erneut die Geschäfte im Internethandel an, der nominal 5,1 Prozent mehr umsetzte als im Vorjahresmonat. Auch im Einzelhandel mit Büchern oder Schmuck stiegen die Umsätze mit plus 4,0 Prozent relativ stark.