Ende des Stahlwerk-Debakels in Sicht

Weltmarktführer Arcelor-Mittal als Käufer für US-Werk im Gespräch.

Essen. Neuer Anlauf für eine Lösung beim Stahl- und Industriegüter-Riesen Thyssen-Krupp: Im Ringen um den seit eineinhalb Jahren geplanten Verkauf der Übersee-Stahlwerke hat der Konzern nun zunächst „exklusive Verhandlungen“ für seinen Standort im US-Bundesstaat Alabama angekündigt. Teil der laufenden Gespräche sei auch der Abschluss eines langfristigen Liefervertrags für das ebenfalls zum Verkauf stehende brasilianische Problemwerk, wie das Unternehmen mitteilte.

Die Produktion in Brasilien gilt als Hauptursache für die milliardenschweren Verluste aus den Investitionen in die Übersee-Stahlwerke von Thyssen-Krupp. Beobachter halten nun einen getrennten Verkauf dieses Werks und des US-Standorts in Calvert, aber auch einen Verbleib des brasilianischen Werks im Konzern für möglich. Vor dem aktuellen Hintergrund kündigte das Unternehmen eine Verschiebung seiner ursprünglich für Donnerstag geplanten Vorlage der Jahresbilanz auf den 2. Dezember an.

Mit dem Abschluss eines Liefervertrags könne eine „wertsichernde Lösung für das brasilianische Stahlwerk“ erreicht werden, hieß es. Thyssen-Krupp wollte Informationen nicht bestätigen, nach denen es sich bei dem Kaufinteressenten für das US-Werk um ein vom Weltmarktführer ArcelorMittal angeführtes Konsortium handeln soll. ArcelorMittal selbst bestätigte lediglich sein anhaltendes Interesse an dem Werk. Ursprünglich hatte Thyssen-Krupp-Chef Heinrich Hiesinger beide Werke zum Verkauf gestellt.

An der Börse rutschten die Aktien nach kurzzeitigen Gewinnen am Mittwoch zunächst ins Minus. Einige Beobachter begrüßten zwar die Fortschritte. Allerdings setzten sich im Laufe des Handels Zweifel durch, dass der Konzern ohne neue Wertberichtigungen auskommt. Die Übersee-Stahlwerke stehen derzeit noch mit rund 3,4 Milliarden Euro in den Büchern. Zudem bedauerten einige Analysten, dass ein Verkauf des Problemwerks in Brasilien nun vorerst vom Tisch zu sein scheint.

Große Teile des Eigenkapitals wurden aufgezehrt, die Schulden schwollen bereits auf mehr als fünf Milliarden Euro an — weshalb eine Kapitalerhöhung nicht mehr ausgeschlossen ist. Eine Entscheidung darüber will Thyssen-Krupp aber erst treffen, wenn man mehr Klarheit über den Verkauf der Übersee-Stahlwerke und bei offenen Kartellfällen hat, wie ein Sprecher erklärte. Analysten gehen davon aus, dass eine zehnprozentige Kapitalerhöhung zusammen mit einer Hybridanleihe bis zu 1,8 Milliarden Euro in die Kassen des Essener Konzerns spülen könnte.