Energie: Ölbosse nehmen Preissprung gelassen

Die Top-Manager der Branche wollen von einer Krise nichts wissen. Sie sagen sogar wieder sinkende Preise voraus.

Sankt Petersburg. Der in New York entfachte Sturm auf dem weltweiten Erdölmarkt kam bei den im 8000 Kilometer entfernten russischen St. Petersburg versammelten Ölbossen nur als laues Lüftchen an. Die Aufregung über den blitzartigen Anstieg von elf Dollar auf den neuen Rekordpreis von 139 Dollar je Barrel ließ die Energieexperten auf einem Internationalen Wirtschaftsforum am Wochenende eher unberührt.

Kein Wunder, waren doch in Petersburg die Chefs der großen Energiekonzerne ExxonMobil, Shell, BP, Chevron, ConocoPhillips und Total versammelt. Von einem weltweiten Ölschock sei keine Rede, man könne auch weiterhin die gewünschten Mengen liefern, verkündeten die Top- Manager.

"Das ist keine Ölkrise wie 1973, sondern vielmehr eine Herausforderung", erklärte Chevron-Chef David O’Reilly. Das größte Problem seien in den USA wie auch sonst vielerorts auf der Welt staatliche Restriktionen bei der Erschließung neuer Vorkommen.

ExxonMobil-Boss Rex Tillerson machte den Griff vieler Staaten weltweit auf die eigenen Energieressourcen als Gefahr aus. Ein solcher "Energie-Nationalismus" sei ein gefährlicher Isolationismus. Bekenntnisse zur Liberalisierung der eigenen Märkte wären wichtige Signale für eine Entspannung auf dem Ölmärkten. "Die Ölindustrie braucht freien Handel, Rechtssicherheit und offene Märkte", sagte Tillerson. Nur so ließen sich die Förderkapazitäten sichern.

Schenkt man den Ankündigungen der Energiebosse Glauben, dürfte die Aufregung über die rasant steigenden Ölpreise bald Schnee von gestern sein. Mehrheitlich vertraten die Diskussionsteilnehmer die Überzeugung, dass die Preise in den kommenden Jahren wieder deutlich sinken werden. In einer anonymen Umfrage tippten die Großen der Branche auf einen Preis von 70 bis 100 Dollar je Barrel Öl im Jahr 2010. Gleichwohl sind auch die Produktionskosten der Konzerne gestiegen. So verdient ein junger Ölingenieur mehr als ein Wall-Street-Banker.