Imagepolitur mit teurer Milch

Nach dem Überwachungsskandal ging Lidl als erster auf die Forderungen der Bauern ein, um das Image zu verbessern.

Frankfurt. Der Kampf der Milchbauern für höhere Preise kennt möglicherweise nicht nur einen Gewinner. Nach tagelangen Lieferstreiks der Landwirte erkennt jetzt auch der Handel die Gunst der Stunde und will das Beste aus der Situation machen.

So witterte der Discounter Lidl nach dem Überwachungsskandal in den vergangenen Wochen Morgenluft und ging als erster auf die Forderungen der Milchbauern ein. Ab Montag kommender Woche verlangt der Discounter zehn Cent mehr für den Liter Frischmilch und will den Preisaufschlag direkt an die Landwirte weitergeben. Lidl erhält durch diesen Zug möglicherweise verloren gegangenes Verbrauchervertrauen wieder zurück.

Denn viele Deutsche sympathisieren mit den Anliegen der Milchbauern. So signalisierten Mitte der Woche in einer Umfrage rund 90 Prozent der Deutschen Bereitschaft, für eine faire Bezahlung der Landwirte tiefer ins Portemonnaie zu greifen. Einen Preisaufschlag von zehn Cent hielten sie für angemessen. Lidl reagierte schnell auf die versteckte Botschaft hinter den Umfrageergebnissen.

"Der Discounter hat ein glückliches Händchen gehabt und sich zum richtigen Zeitpunkt zu dem Preisschritt entschlossen", sagt Florian Ditges, Experte für Krisenkommunikation. Lidl könne nun als erstes Unternehmen für sich reklamieren, den Bauern entgegengekommen zu sein. Dadurch könne der Discounter den einen oder anderen Kratzer im Firmenimage ausbessern, sagt Ditges.

Allerdings sei der Schritt nicht ganz ohne ein finanzielles Risiko für den Discounter gewesen, erläutert der Kommunikationsexperte. Ziehe die Konkurrenz bei den Preiserhöhungen nicht mit, stehe der Discounter allein mit hohen Milchpreisen da. Die Kunden gingen dann trotz Sympathie mit den Milchbauern zur Konkurrenz, um dort günstiger einzukaufen.

Dies sieht auch Lebensmittel-Experte Steven Brechelmacher vom Marktforschungsinstitut GfK so: "In Umfragen äußern Verbraucher zwar häufig hohe Zahlungsbereitschaft." Im Einkaufsverhalten spiegle sich dies meist aber nicht wider. Lidl muss sich offenbar jedoch kaum sorgen: Aldi Süd, Rewe und Plus kündigten ebenfalls bereits Preiserhöhungen an.