Telekom-Affäre: Obermann in schwerem Fahrwasser

Der Konzern-Chef sucht die Offensive. Er will die Vorwürfe gegen sich entkräften und die Verantwortlichen für die Bespitzelungen zur Rechenschaft ziehen.

Bonn. Für René Obermann wiegen die Vorwürfe schwer: Der Telekom-Chef muss die Anschuldigungen gegen ihn entkräften, dass er selber viel tiefer in der Spitzelaffäre beim größten europäischen Telekom-Konzern verstrickt sein könnte, als er offiziell zugibt. Auch die Befürchtungen, bei der Telekom seien die Kundendaten nicht mehr sicher, treffen Obermann ins Mark. Am Wochenende beteuerte der 45-jährige Manager erneut seine Unschuld in der Spitzelaffäre.

Der "Bild am Sonntag" sagte er: "Ich kann unseren Kunden versichern: Ihre Daten sind bei der Telekom sicher. Daran ändert das Fehlverhalten einiger weniger schwarzer Schafe in der Vergangenheit nichts." Und er verspricht umfassende Aufklärung und will die Verantwortlichen ohne Ansehen von Rang und Person zur Rechenschaft ziehen - ein Hinweis auf seinen Vorgänger Kai-Uwe Ricke als Konzernchef und Klaus Zumwinkel als Aufsichtsratsvorsitzender, während deren Amtszeit Journalisten und Aufsichtsräte des Unternehmen ausgespäht worden sein sollen. Gegen beide ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Obermann muss handeln, um aus der Defensive zu kommen. Am Freitag berief er den ehemaligen Bundesrichter Klaus Schäfer zum unabhängigen Berater in der Affäre. Schäfer und der Ex-Vize-Chef des Bundeskriminalamtes, Reinhard Rupprecht, sollen die Schwachstellen des Sicherheitssystems der Telekom aufspüren.

Als "sauber" schätzen inzwischen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmerseite den Konzernchef ein, der im November 2006 auf den Chefsessel der Telekom gerückt war. Sie gelten als die "Geheimnisverräter" und damit als eigentlicher Grund für die Operation "Rheingold" und "Clipper", wie die Decknamen hießen, unter denen die Spitzelaktivitäten der von der Telekom beauftragten Berliner Network Deutschland abliefen. So soll unter anderem der Konzernbetriebsrat Wilhelm Wegener Interna aus den Sitzungen des Aufsichtsrates an die Presse weitergegeben haben. Der Beschuldigte bestreitet das und will sich öffentlich in diesen Tagen zu der ganzen Affäre ohnehin nicht äußern.