Erste Erfolg für Milchbauern - bei Lidl wird die Milch teurer

Nach dem Ende der Blockaden füllen sich die Regale bereits wieder.

Berlin. In ihrem Kampf um höhere Preise ziehen die Milchbauern nun nach Berlin. Vor dem Brandenburger Tor ist am Donnerstagnachmittag eine Kundgebung geplant, zu der mehrere tausend Teilnehmer erwartet werden, wie der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) ankündigte.

Unterdessen gab es erste Erfolge: Eine erste Molkerei zahlt ihren rund 1800 Lieferanten den geforderten Preis von 43 Cent pro Liter rückwirkend zum 1. Juni, wie der BDM mitteilte. Es handelt sich um die mittelständische Molkerei Berchtesgadener Land-Chiemgau eG. Dies sei ein erster Erfolg der Proteste, sagte BDM-Sprecher Hans Foldenauer.

Ferner hat der Großdiscounter Lidl angekündigt, vom kommenden Montag an in seinen Filialen den Verkaufspreis je Liter Milch um zehn Cent zu erhöhen. Dies erklärte der baden-württembergische Bauernverband am Mittwoch in Stuttgart im Anschluss an ein Gespräch, das der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, in Neckarsulm mit Lidl-Managern geführt hat.

Ein Sprecher des Bauernverbandes sagte, jetzt müssten auch die anderen Handelsunternehmen dem Beispiel Lidls folgen. Die Molkereien seien jetzt gefordert, diese höheren Preise an die Milchbauern weiterzugeben.

Allerdings wollen die deutschen Milchbauern wollen ihren Lieferstopp an die Molkereien dennoch zunächst fortsetzen, so der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM) Romuald Schaber am Mittwoch in Berlin. Die Ankündigung der Supermarktkette Lidl, wertete Schaber zwar als Fortschritt. Dennoch reiche dies den Milchbauern noch nicht aus.

Für diesen Donnerstag sei ein Gespräch zwischen dem BDM und dem Milchindustrieverband "in Aussicht gestellt". Er sei vorsichtig optimistisch, dass es dabei Fortschritte geben werde.

Am Mittwoch fuhren die Landwirte mit Traktoren vor den Zentralen der großen Supermarktketten auf und forderten mehr Geld für die Milch.

Mit ihren Blockaden der vergangenen Tage bescherten die Bauern den Molkereien nach Angaben des Milchindustrieverbandes (MIV) Millionenschäden. Nach Ende dieser Blockaden gebe es nun keine Lieferengpässe mehr, versicherte der Handel.

Mit ihrem "Nationalen Milch-Aktionstag" vor dem Brandenburger Tor wollten die Landwirte ihren Forderungen noch einmal Nachdruck verleihen, erklärte der BDM. Er rief auch Verbraucher auf, bei der Veranstaltung ihre Solidarität mit den Milchbauern zu bekunden.

Einer Umfrage für das Magazin "Stern" zufolge haben neun von zehn Verbrauchern hierzulande Verständnis für eine Milchpreissteigerung um zehn Cent. Diese zehn Cent müssten aber den Milchbauern zugute kommen. Der Bauernverband (DBV) startete eine Unterschriftenaktion im Internet namens "Mein Herz schlägt für die Milchbauern".

Verbraucher können dort die Einzelhandelskonzerne zur Zahlung eines gerechten Preises aufrufen.

Zahlreich folgten die Landwirte dem DBV-Aufruf zu Protesten vor den Zentralen des Lebensmitteleinzelhandels.

Sie versammelten sich vor der Edeka-Zentrale in Hamburg, vor der Zentrale von Aldi Nord in Essen und von Aldi Süd in Mülheim an der Ruhr, bei Rewe in Köln, bei Lidl in Neckarsulm und auch bei Norma im bayerischen Fürth, wie der DBV mitteilte. Mit den Aktionen wollen die Bauern Druck auf den Handel machen, mit den Molkereien höhere Preise zu vereinbaren.

Der Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes HDE, Stefan Genth, zeigte für die Demonstrationen wenig Verständnis. Die Bauern könnten nicht dem Einzelhandel die Schuld an der Milchpreispolitik zuschieben, sagte Genth im RBB. Die derzeitige Milchpreis-Situation sei die Folge von Überschüssen, erklärte der HDE.

Die am Markt mit der Milchindustrie ausgehandelten Preise habe der Handel an die Verbraucher weitergegeben. Eine Festlegung auf einen Milchmindestpreis lehnt der Einzelhandel nach Worten Genths ab. "Eine einseitige Preisfestlegung würde auch der Kunde im Supermarkt nicht verstehen", sagte er dem RBB. Der Kunde sei nicht bereit, 1,50 Euro oder mehr für den Liter Milch zu bezahlen.

Von den Blockaden der Milchbauern in den vergangenen Tagen war nach Angaben des Milchindustrieverbandes jede zweite der rund 110 Molkereien in Deutschland betroffen. Die Schäden etwa durch Produktionsausfälle beliefen sich auf "sicherlich 50 Millionen Euro", sagte MIV-Hauptgeschäftsführer Eberhard Hetzner der "Bild"-Zeitung.

Die Lage habe sich aber entspannt. Auch der HDE erklärte, alle Geschäfte verfügten wieder über ausreichend Molkereiprodukte. Die Lücken, die entstanden seien, schlössen sich schnell. Milch, Butter, Käse und andere Molkereiprodukte seien in allen Preislagen verfügbar.

Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) verteidigte die Aktionen der Milchbauern und warnte vor einer Abhängigkeit von Milch-Importen aus dem Ausland. "Wie problematisch solche Abhängigkeiten für eine Volkswirtschaft sein können, erleben wir bei der Energieversorgung", sagte er der "Passauer Neuen Presse".

Nur wenn die Milchbauern existieren könnten, "vermeiden wir, dass wichtige Rohstoffe für die Lebensmittelproduktion aus dem Ausland bezogen werden müssen".

Unterdessen hat das Bundeskartellamt wegen des Aufrufs zum Milch- Lieferstopp offizielle Ermittlungen gegen den Bundesverband der Milchviehhalter (BDM) aufgenommen.

Es werde überprüft, ob der Tatbestand des Boykottaufrufs erfüllt sei, sagte eine Sprecherin der Behörde am Mittwoch in Bonn.