Entspannung in kriselnder Solarbranche
Bonn/Brüssel/Peking/München (dpa) - Die Sonne scheint wieder etwas heller in der Solarindustrie. Der schwer angeschlagene Modulhersteller Solarworld will sich mit einem Schuldenschnitt und frischem Geld aus Katar retten.
Nach dem Plan steigt der Investor Qatar Solar mit 35 Millionen Euro ein. Dem Bundesverband Solarwirtschaft zufolge schöpft die ganze Branche wieder Hoffnung. Gleichzeitig kommen gute Nachrichten aus Brüssel: Der eskalierte Handelsstreit um billige Solar-Module aus China soll beendet werden.
Zwei Wochen nach der Verhängung von EU-Strafzöllen auf chinesische Billig-Solarmodule reden beide Seiten wieder miteinander. Experten verhandelten seit Wochenbeginn vertraulich über eine Beilegung des Handelsstreits, berichtete der Sprecher von EU-Handelskommissar Karel De Gucht. Die Zölle, die auch innerhalb der EU umstritten sind, belasten die Beziehungen zwischen der EU und dem wichtigen Partner und Lieferanten China erheblich. Am Freitag soll De Gucht nach Peking reisen, um mit Chinas Handelsminister Gao Hucheng zusammenzukommen. Die EU hatte die Strafzölle Anfang Juni verhängt. Peking gab darauf Dumping-Ermittlungen gegen europäische Weine bekannt.
In Chinas Hauptstadt berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua, Regierung und Solar-Unternehmen hielten „engen Kontakt“ mit der EU-Kommission. Die Gespräche über Preiszusagen verliefen „positiv“, wurde der Sprecher des Handelsministeriums zitiert. In Brüssel hieß es dagegen, die Gespräche seien erst in „einem frühen Stadium“. Bis wann sie abgeschlossen sein könnten, blieb offen.
Solarworld setzt bislang fest auf die Zölle. Das einstige Bonner Vorzeigeunternehmen war durch die chinesische Konkurrenz tief in die roten Zahlen geschliddert. Allein 2012 betrug der Verlust knapp 480 Millionen Euro. Jetzt hat der Konzern den Befreiungsschlag gestartet. Die Verträge mit den Banken seien am Dienstag unterzeichnet worden, sagte Firmengründer Frank Asbeck. Anfang August müssen noch die Gläubiger zweier Anleihen und die Hauptversammlung zustimmen.
Der Investor Qatar Solar gibt zudem ein Darlehen von 50 Millionen Euro. Asbeck schießt aus seinem Privatvermögen weitere 10 Millionen Euro zu. 55 Prozent der Schulden werden nicht zurückgezahlt, sondern in neue Aktien umgewandelt. Altaktien werden auf nur noch 5 Prozent des Unternehmenswertes abgewertet. Zu den Verlierern zählt dabei Asbeck selbst, dessen Aktienanteil von 28 auf 1,4 Prozent schrumpft. Er kauft aber für seine 10 Millionen Euro nach. Sein Gesamtanteil werde am Ende bei 20,9 Prozent liegen, sagte der Firmengründer.
„Wenn das Konzept so umgesetzt wird, können wir wieder durchstarten“, meinte Asbeck. Er sei fest überzeugt, dass Solarworld restrukturierbar sei, und glaube an den technologischen Vorsprung des Unternehmens. Schon 2014/2015 seien wieder schwarze Zahlen möglich.
Aktuell ist Solarworld mit 931 Millionen Euro verschuldet. Knapp 427 Millionen Schulden bleiben nach dem Schnitt stehen und sollen in den kommenden Jahren zurückgezahlt werden. Der endgültige Abschluss der Verträge wird - die Gremienzustimmungen vorausgesetzt - zwischen November dieses Jahres bis Anfang 2014 erwartet.
Analysten sehen die Zukunft des Unternehmens unter anderem wegen der hohen Produktionskosten in Deutschland skeptisch. Die Branche sieht sich dagegen nach langer Krise wieder im Aufwind und hofft in den kommenden Jahren auf Wachstum auch für heimische Hersteller.
Vor allem im Ausland wachse das Interesse spürbar, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft, Carsten Körnig, vor der Messe Intersolar Europe in München (19. bis 21.6.), in einem dpa-Gespräch. „Immer mehr Regierungen setzen auf Solarenergie, in immer mehr Ländern springt die Nachfrage an.“ Der Branche mache zwar nach wie vor der Preisverfall zu schaffen, den große Überkapazitäten und harte Fördereinschnitte ausgelöst hätten. Die Aussichten würden sich aber langsam aufhellen. Deutschland werde Produktionsstandort bleiben.