Escada hängt am seidenen Faden
Die Anleger beurteilen den Notplan kritisch. Vorstandschef Sälzer bereitet daher parallel eine mögliche Insolvenz vor.
München. Auf der Berliner Modewoche vor gut zwei Wochen war bei Escada alles fast so glamourös wie in vergangenen Zeiten: Deutschlands Hollywood-Export Diane Kruger lief über den pink-roten Teppich, Top-Model Julia Stegner strahlte auf dem Catwalk. Die Berliner Party-Szene mit Minu Barati-Fischer, den Schauspielerinnen Katja Riemann und Anna Loos, Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit sowie Starfriseur Udo Walz nippte am Roséchampagner. Selbst Modemacher Wolfgang Joop, der Partys bei der Modewoche eher meidet, ließ sich im glanzvoll dekorierten Bode-Museum bei Escadas "Pink Party" auf der Museumsinsel blicken: "Ich komme hierher, um Herrn Sälzer meine Solidarität zu zeigen."
Die kann Bruno Sälzer (51), seit vergangenem Jahr Vorstandschef von Escada, derzeit wirklich gut gebrauchen. Denn annähernd so rosarot wie Party und Dekoration in Berlin ist die Lage bei Deutschlands Luxuslabel wirklich nicht. Im Gegenteil: Wenn nicht 80 Prozent der Gläubiger bis Ende des Monats dem finanziellen Notplan zustimmen, dann muss das Unternehmen mit 4000 Mitarbeitern im August Insolvenz anmelden. "Windstärke elf" nennt Sälzer diesen Zustand.
Die Chancen auf eine Rettung des weltweit sechstgrößten Damen-Luxusschneiders stehen eher schlecht. Gut zwei Wochen nach dem Beginn des Umtauschangebots für die Anleihe liegt die Annahmequote gerade einmal bei 37 Prozent. Deshalb hat der Konzern sein Angebot noch einmal leicht nachgebessert. Doch Escada verlangt seinen Anlegern weiterhin einiges ab: Von 1000 Euro Anleihesumme sollen am Ende 400 Euro übrig bleiben.
"Anders geht es nicht", sagte der Vorstandschef dazu jüngst im Interview mit der "Welt". "Wir müssen unsere Verschuldung um 100 Millionen Euro reduzieren, sonst haben wie keinerlei Chancen mehr auf neue Bankkredite und neues Eigenkapital." Die Großaktionäre stehen laut Sälzer zum Unternehmen. Sie seien bereit, eine Kapitalerhöhung von 30Millionen Euro zu zeichnen. Allein die Brüder Herz - die Tchibo-Erben sind die größten Investoren - wollen 20 Millionen Euro übernehmen.
Doch welche Perspektiven kann Sälzer den Anlegern bieten? Und wie will er die gut betuchte Kundschaft und Hollywood-Stars wie Kim Basinger oder Demi Moore - einst bekennende Escada-Fans - zurückgewinnen? "Escada ist eine tolle Marke, neben Hugo Boss sicherlich die einzige aus Deutschland mit Weltgeltung auf diesem Modeniveau", ist der Escada-Chef überzeugt. Glitzernde Events wie jüngst in Berlin sollen das unterstreichen.
Die Kollektionen sollen sich zudem wieder auf die Attribute besinnen, mit denen Escada groß geworden ist: Glamour, Glitzer und Opulenz. Und: Sälzer hat den größten Fauxpas, den ein Damen-Luxuslabel begehen kann, rückgängig gemacht. Vor zwei Jahren sollten die Formen "jünger" werden. Das Ergebnis: Kundinnen passten nicht mehr in die gewohnte Größe 40, sondern mussten 42 oder gar 44 nehmen. Seit diesem Jahr sitzt wieder Größe 40, versichert Sälzer.
Sollte die Rettung gelingen, kann sich der Ex-Hugo-Boss-Chef mittelfristig auch eine Escada-Herrenlinie vorstellen. "Wer das schwierige Geschäft mit der Damenmode beherrscht, kann auch Herrenmode anbieten." Zudem soll die jüngere Linie Escada Sport ausgebaut werden.
Scheitert der Plan, dann werde die Marke Escada dennoch nicht untergehen, ist Sälzer überzeugt. Er soll bereits mit Insolvenz-Experten Unterlagen für eine Plan-Insolvenz erarbeitet haben. Der Name Escada habe immer noch einen guten Klang. Interessenten dürfte es einige geben. So werden beispielsweise der weltweit führende Luxuskonzern Moët Hennessy - Louis Vuitton (LVMH) oder PPR, zu dem auch Gucci und Prada gehören, genannt.