Wirtschaft lässt Talsohle hinter sich
Die Bestellungen bei der Industrie sind unerwartet kräftig gestiegen. Auch die Stahlproduktion geht wieder nach oben.
Berlin. Die deutsche Industrie sendet überraschend deutliche Hoffnungssignale für einen nahenden Aufschwung: Im Mai stiegen die Auftragseingänge gegenüber dem Vormonat um 4,4 Prozent und damit weit stärker, als Volkswirte erwartet hatten. Wie das Wirtschaftsministerigestern in Berlin weiter mitteilte, nahmen nach vorläufigen Zahlen die Inlands- sowie die Auslandsbestellungen um 3,9 beziehungsweise 5,2 Prozent zu. Heute werden Zahlen zur voraussichtlich ebenfalls gestiegenen Industrieproduktion veröffentlicht.
Die Auftragseingänge gelten neben der Industrieproduktion als ein wichtiger Frühindikator für den weiteren Konjunkturverlauf. Mit den Bestellungen, die im Mai auch im aussagekräftigeren Zweimonatsvergleich um 4,2 Prozent gestiegen sind, hat damit der erste "harte" - mit Zahlen unterlegte - Konjunkturindikator die Wende vollzogen. Das größte Auftragsplus für Waren "Made in Germany" seit zwei Jahren - vor allem auch aus dem Ausland - nährt die Hoffnung, dass die Talsohle durchschritten und der Tiefpunkt bei der Wirtschaftsleistung erreicht ist.
Nach fünfmaligen Rückgängen haben die Ordereingänge sich damit das dritte Mal in Folge erhöht. Auch die deutsche Stahlproduktion - ebenfalls Frühindikator - geht seit zwei Monaten wieder nach oben. Selbst der Mittelstand (neuester Geschäftsklimaindex minus 14,9 Punkte) sowie Ifo- und GfK-Konsumklimaindex sprechen dafür, dass der Tiefpunkt der Krise hinter uns liegt.
Dennoch besteht nach Ansicht von Ökonomen noch kein Grund zur Entwarnung. Im Vergleich zum Vorjahresniveau fallen die Auftragseingänge noch etwa 30 Prozent niedriger aus. Außerdem ist in den kommenden Monaten noch mit schweren Belastungen für Arbeitsmarkt und Staatsfinanzen zu rechnen.
Arbeitsagentur-Chef Frank-Jürgen Weise erwartet zwar dieses Jahr keine vier Millionen Arbeitslose mehr, schließt aber für Ende 2010 um die fünf Millionen Menschen ohne Job nicht aus. Die Staatsverschuldung könnte wegen der Krise laut Deutschem Institut der Wirtschaft um bis zu 500 Milliarden Euro wachsen. ifa/dpa