EU leitet Verfahren gegen VW ein
Auch das neue VW-Gesetz steht im Verdacht, Wettbewerb zu verzerren. Niedersachsens Sonderrolle stört.
Brüssel. Die Brüsseler EU-Kommission geht erneut gegen das VW-Gesetz vor. Die Wettbewerbsaufsicht der Europäischen Union leitete gestern ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Die Auflagen des Europäischen Gerichtshofes, der im vergangenen Oktober das Gesetz wegen der Sonderrechte für das Land Niedersachsen beanstandet hatte, seien von den Deutschen nicht befolgt worden.
"Wir glauben nicht, dass sie das vollständig umsetzen", sagte der Sprecher von Binnenmarkt-Kommissar Charlie McCreevy. "Sonderrechte sind nicht wettbewerbskonform und inakzeptabel." Aus Sicht McCreevys werde mit Sonderrechten eine unzulässige Hürde für potentielle Investoren errichtet.
In einem Schreiben an die Bundesregierung erklärt die Kommission, sie habe "keine hinreichend detaillierten Informationen darüber erhalten, mit welchen Maßnahmen die deutsche Regierung das Urteil vom 23. Oktober 2007 umzusetzen gedenkt."
Die Bundesregierung hat nach eigenen Angaben Brüssel noch nicht offiziell von der Gesetzes-Novelle in Kenntnis gesetzt, die das Kabinett vor kurzem verabschiedet hatte. Deutsche Diplomaten wiesen darauf hin, dass der Schritt McCreevys nur Ungeduld, aber keinen Widerstand in der Sache signalisiere.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass dem Kommissar die geplanten Änderungen nicht genügen. Auch die Neufassung gibt nämlich Aktionären mit mindestens 20 Prozent der Stimmrechte eine Sperrminorität - das Land Niedersachsen hält 20,3 Prozent. Die 20-Prozent-Klausel gehört zu den Punkten, die das EU-Gericht als unzulässig eingestuft hatte. Üblich für eine Sperrminorität sind 25 Prozent.
Die von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) vorgelegte Novelle stellt in einer Fußnote weitere Änderungen in Aussicht, falls die Kommission immer noch nicht zufrieden sei. Berlin hat nun mit Beginn des Vertragsverletzungsverfahren zwei Monate Zeit.
Wenn die Kommission bei ihrer Haltung bliebe, könnte sie beim Europäischen Gerichtshof beantragen, die Nichterfüllung der Auflagen festzustellen, was Geldbußen nach sich zöge. Diese könnte nach Schätzungen aus Berliner Regierungskreisen täglich bis zu 100 000 Euro betragen.