Hagel-Bilanz: „Da ist nichts mehr zu retten“
Obst- und Gemüsebauern im Raum Krefeld erleiden Schäden in Höhe von fast 10 Millionen Euro.
Krefeld. Das Unwetter dauerte nur eine knappe Viertelstunde. Doch in diesen wenigen Minuten am vergangenen Freitag, kurz vor 6 Uhr, zerschmetterten golfballgroße Hagelkörner Landwirten und Gärtnereibetreibern im Krefelder Süden einen Großteil der Pflanzen und vernichteten ganze Ernten.
Wenige Tage nach dem Unwetter, ist das gesamte Ausmaß der Schäden immer noch nicht komplett abzusehen. "Wir gehen bislang von etwa zehn Millionen Euro Schaden allein im Großraum Krefeld aus", sagt Bernhard Rüb, Sprecher der Landwirtschaftskammer NRW.
Einer der Betroffenen ist Frank Mertens (38), der auf 42Hektar Obst anbaut, darunter 25 Hektar mit Erdbeeren. Mehr als ein Viertel seiner Erdbeer-Ernte ist vernichtet. "Auf sechs Hektar Fläche ist nichts mehr zu retten - Totalverlust", sagt Mertens bitter. Die Eisklumpen hatten die zarten Erdbeerpflanzen regelrecht niedergemäht, die Früchte zerhackt.
"Einen Teil der Erdbeerfelder haben wir schon umgepflügt. Da säen wir jetzt Mais, obwohl es dafür auch schon reichlich spät im Jahr ist - aber dann bleibt die Fläche wenigstens nicht brach", sagt Mertens. Auf dem Mertens-Hof werden vor allem drei Sorten Erdbeeren angebaut: Die robusten, aber nicht ganz so süßen Sorten "Elsanta" und "Florenz" für den Verkauf an Handel und Großabnehmer, sowie die zarte, süße Sorte "Lambada" für die Eigenvermarktung.
"Unsere Lambada-Ernte ist zum Glück so gut wie nicht betroffen, der Hof-Verkauf kann daher weitergehen", betont Mertens. "Aber beim Verkauf an den Handel muss ich große Abstriche machen." Seine Verluste durch den Hagel beziffert Mertens auf "voraussichtlich mindestens 50.000 Euro".
Noch wesentlich härter hat der Hagelschlag den Hof von Norbert Boeckels (49) getroffen. Boeckels, dessen Erdbeerfelder vor allem im Stadtteil Benrad liegen, verzeichnete auf sechs Hektar Totalschaden, auf weiteren vier Hektar 70 Prozent Schaden - von insgesamt 22 Hektar Erdbeeranbaufläche. Auf weiteren fünf Hektar Obstanbau sind die Äpfel ebenfalls zum Teil schwer beschädigt worden.
"Unterm Strich gehe ich derzeit von einem Verlust von mindestens 250.000 Euro aus", sagt Boeckels. "Zum Glück sind nicht alle Erdbeeren kaputt gegangen, und der Hof-Verkauf kann weiter laufen." Wie Boeckels die enormen Einnahmeverluste ausgleichen soll, weiß er derzeit noch nicht: "Vermutlich werde ich geplante Investitionen zurückstellen müssen. Den neuen Schlepper, den wir eigentlich brauchen, kann ich jetzt wohl erst in zwei Jahren kaufen."
Doch nicht nur die Landwirte leiden unter den gravierenden Hagelschäden - auch die zumeist polnischen Saison-Erntehelfer verdienen weniger. Landwirt Mertens, der über die Saison insgesamt 90 polnische Erntehelfer für jeweils zwei Monate beschäftigt: "Die haben Akkord-Verträge. Und wenn es weniger zu pflücken gibt, gibt es auch weniger Geld."
Für Pflückerin Agnieszka Kozikowska (19) und ihren Kollegen Rafael Siejda (28), die bei Bauer Mertens 2,20 Euro je fünf Kilo gepflückter Erdbereren erhalten, bedeutet das nach Ablauf der zweimonatigen Arbeitszeit unterm Strich Mindereinnahmen von rund 250 Euro. "Das ist ein hoher Verlust für mich", sagt Rafael Siejda, der den Saison-Lohn bereits für den Bau eines kleinen Häuschens für sich und seine Familie in Polen eingeplant hatte.