EU setzt Deutsche Bahn unter Druck
Brüssel (dpa) - Die Deutsche Bahn bekommt Druck aus Brüssel. Die EU-Kommission will den Bahnverkehr noch schärfer vom Betrieb des Schienennetzes trennen. Die Pläne zur Zerschlagung sogenannter „integrierter Konzerne“ möchte EU-Verkehrskommissar Siim Kallas im Januar vorstellen.
Aus zwei Gesetzesentwürfen, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegen, geht auch hervor, dass die Brüsseler Behörde Bahnunternehmen ab 2018 vollen Marktzugang in allen EU-Ländern gewähren will. Die Liberalisierung soll nach Informationen der „Welt“ (Montagsausgabe) Steuerzahlern Ersparnisse in Höhe von 23 Milliarden Euro bringen.
Dass in Europa nicht mehr Menschen mit dem Zug fahren, liegt nach Ansicht der EU-Kommission am mangelnden Wettbewerb. Diesen will Verkehrskommissar Kallas fördern - zum Beispiel durch die europaweite Ausschreibung von Angeboten im nationalen Personenverkehr. Die soll „die Anzahl von Passagierdiensten vergrößern und ihre Qualität verbessern“, heißt es in einem der Entwürfe.
Auch dem gemeinsamen Betrieb des Schienennetzes und des Verkehrs will Kallas endgültig einen Riegel vorschieben. Die Holding-Struktur der Deutschen Bahn ist seiner Behörde schon lange ein Dorn im Auge. Der Konzern könnte seinen Einfluss auf das Schienennetz nutzen, um Mitbewerber im Verkehrsbereich auszusperren oder zu benachteiligen, so die Befürchtung.
Der SPD-Europaabgeordnete Ismail Ertug hält diese Sorgen für übertrieben. Er fürchtet, wenn Gelder aus dem profitableren Bahnverkehr nicht mehr in die Finanzierung der Schienenstruktur fließen, könnte das Bahnnetz schrumpfen. „Das Wichtigste ist mir, dass Mobilität zur Verfügung gestellt wird, und das bezahlbar und in allen Regionen“, sagt Ertug. Seiner Ansicht nach sind Kallas' Pläne „der erste Schritt hin zu einer Europäisierung der Infrastruktur“.
Die Kommission lässt jedoch nicht locker. Im November verschickte sie einen Warnbrief nach Berlin, in dem es um die Querfinanzierung der verschiedenen Bahnbereiche geht, wie die Brüsseler Behörde bestätigt. Nach einem Bericht der „Stuttgarter Zeitung“ (Montag) moniert die Kommission, dass öffentliche Gelder so in die Kassen des Konzerns fließen.
Fernreisenden will die Kommission das Leben übrigens erleichtern: Sie sollen ihre Tickets und Reiseinformationen aus einer Hand bekommen, auch wenn sie mit mehreren Anbietern reisen. Ob die EU-Staaten dies gegenüber den Unternehmen durchsetzen, soll aber nationale Entscheidung bleiben.
Beschlossene Sache sind die Vorschläge ohnehin noch nicht: Bevor Verkehrskommissar Kallas sie im Januar vorstelle, könne sich noch einiges ändern, betont seine Sprecherin. Wie immer bedürfen die Pläne zudem der Billigung des Europaparlaments und der Staaten.