EZB lässt Leitzins auf Rekordtief

Frankfurt/Main (dpa) - Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte sich auf Umwegen am neuen Milliardenpaket zur Rettung Griechenlands beteiligen. Notenbank-Präsident Mario Draghi betonte zwar, er lehne weiterhin „jeden rechtlichen Trick“ ab, die EZB-Verträge zu umgehen.

Diese verbieten der Notenbank die direkte Finanzierung von Staatsschulden. Allerdings könnte die EZB ihren gigantischen Bestand an griechischen Staatsanleihen im Schätzwert von 45 Milliarden Euro zu Geld machen und die Gewinne über die Euroländer - gemäß deren Anteil am EZB-Kapital - an Athen weiterreichen.

Volkswirte hatten spekuliert, die Notenbank könnte ihre Griechenlandbonds an den Rettungsfonds EFSF übertragen. Draghi erklärte, der Euro-Rettungsschirm EFSF gehöre den Regierungen: „Würden wir dem EFSF Geld geben, wäre das Staatsfinanzierung. Würden wir unsere Gewinne an unsere Mitgliedsländer gemäß ihrer Kapitalanteile an der EZB weitergeben, wäre das keine Staatsfinanzierung.“ Die Notenbank ist einer der größten Schuldner Athens, weil sie seit Mai 2010 auf dem Sekundärmarkt Staatsanleihen angeschlagener Eurostaaten wie Griechenland kauft.

Draghi zeigte sich weiterhin fest davon überzeugt, dass Griechenland nicht in die Pleite schlittern wird. „Wir haben nie einen Plan B. Das wäre schon eine Niederlage. Ich bin zuversichtlich, dass alle Teile zusammenpassen werden“, sagte der Italiener. Die EZB gehört mit der EU-Kommission und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zur „Troika“, die über Milliardenhilfen für Griechenland entscheidet. Ohne das Geld droht dem Land im März die Pleite.

Die Konjunkturaussichten im Euroraum seien weiter unsicher, allerdings gebe es Anzeichen für eine „allmähliche Stabilisierung auf niedrigem Niveau“, sagte Draghi. „Aber wir kommen von einem sehr schwachen vierten Quartal.“Nach den zuletzt überraschend guten Konjunkturdaten halten die Währungshüter die Zinsen im Euroraum zunächst auf dem Rekordtief von 1,0 Prozent.

Volkswirte rechnen jedoch mit einer weiteren Lockerung der Geldpolitik, sollte sich die Staatsschuldenkrise zuspitzen. Niedrige Zinsen verbilligen tendenziell Kredite und können so das Wachstum anschieben. Die Inflationsrisiken schätzt die EZB derzeit als gering ein.

Die EZB hält ihr Pulver auch deshalb trocken, weil längst beschlossen ist, dass sie den Geschäftsbanken zum Monatsende ein zweites Mal für die außergewöhnlich lange Laufzeit von drei Jahren billiges Geld anbieten wird. Kurz vor Weihnachten hatte die Notenbank fast 500 Milliarden Euro an Geldinstitute der Eurozone ausgereicht. Damit soll das kränkelnde Geschäft der Banken untereinander ebenso wiederbelebt wie eine Kreditklemme verhindert werden. Die Maßnahme beruhigte die Anleihenmärkte und bescherte den Börsen Kursgewinne.