EZB signalisiert Leitzins-Erhöhung im Juli
Frankfurt/Main (dpa) - Die Europäische Zentralbank (EZB) lässt sich von der Griechenland-Krise nicht von ihrem Weg abbringen. Im Juli wird sie den Leitzins aller Voraussicht nach weiter erhöhen. Zunächst bleibt er allerdings bei 1,25 Prozent.
Außerdem können die Banken weiterhin uneingeschränkt Geld von der Zentralbank bekommen. Doch die hohe Inflation zwingt die Währungshüter zu „hoher Wachsamkeit“, wie EZB-Präsident Jean-Claude Trichet am Donnerstag in Frankfurt sagte. Damit gilt es als ausgemachte Sache, dass der Leitzins im Juli zum zweiten Mal nach der Finanzkrise steigt. Doch die Inflation ist derzeit nicht das größte Problem für Trichet: Die nicht enden wollende Schuldenkrise Griechenlands wird zunehmend zur Zerreißprobe für die Eurozone.
Plänen zur Umschuldung Griechenlands erteilte Trichet am Donnerstag eine deutliche Abfuhr. „Wir schließen alle Konzepte aus, die nicht auf absoluter Freiwilligkeit beruhen. Wir wollen auf jeden Fall alle Szenarien vermeiden, die einem Kreditausfall gleichkommen oder als solcher verstanden werden“, sagte er. „Es wäre ein großer Fehler, wenn es dazu käme.“ Zahlreiche Experten fürchten, dass es dann zu einem ähnlichen Flächenbrand wie dem kommen könnte, den die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst ausgelöst hatte. Am Dienstag hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vorgeschlagen, Griechenland mit einer Verlängerung der Laufzeiten bestehender Anleihen zeitlichen Spielraum zu verschaffen.
Schäuble will die sich sträubende EZB, die Euro-Partner und den Internationalen Währungsfonds (IWF) für eine „sanfte“ Umschuldung unter Einbindung privater Gläubiger gewinnen. Dies könne am besten über einen Umtausch von Anleihen erreicht werden, der zu einer Verlängerung ausstehender Forderungen um sieben Jahre führen sollte. Mit diesem Vorschlag setzte der deutsche Finanzminister Trichet unter Druck. Die EZB hat bis Ende Mai bereits griechische Staatsanleihen in Höhe von 75 Milliarden Euro angekauft und ist damit einer der gewichtigsten Gläubiger Griechenlands. Trichet ließ am Donnerstag aber keinen Zweifel daran, dass er sich in seiner Entscheidung von der Politik nicht beeinflussen lässt.
Das Thema wird Trichet jedoch weiter begleiten - Griechenland braucht bald wieder Geld. Kommende Woche treffen sich die Finanzminister der Eurozone, um über Wege aus der Krise zu beraten. Neben den Schulden Griechenlands dürfte Trichet auch die Inflation weiter Kopfzerbrechen bereiten. Die Preise in der Eurozone werden der neuesten EZB-Schätzung zufolge in diesem Jahr deutlich stärker steigen als bislang angenommen: Getrieben von einem Schub bei den Energie- und Rohstoffpreisen werde die Inflation im laufenden Jahr auf 2,6 Prozent (Spanne: 2,5 bis 2,7) zulegen, sagte Trichet. Bisher hatte die EZB mit einer Teuerungsrate von 2,3 Prozent gerechnet.
Damit liegt die Inflation in diesem Jahr deutlich über dem von der EZB angepeilten Zielwert von 2,0 Prozent. Die Lage an der Preisfront dürfte sich nach Einschätzung der Währungshüter erst im kommenden Jahr wieder beruhigen. Beim Kampf gegen die Inflation und dem Weg aus der Krise ringt die EZB mit einer extrem unterschiedlichen Entwicklung in den 17 Euro-Staaten. Während in Deutschland die Wirtschaft brummt, hinken die meisten anderen Staaten stark hinterher. Für Deutschland wäre daher ein deutlich höherer Leitzins notwendig - für andere eher schädlich.
Allzu lange muss sich Trichet aber ohnehin nicht mehr mit diesen Fragen auseinandersetzten. Der Ernennung des Italieners Mario Draghi zum neuen EZB-Präsidenten steht nichts mehr im Wege, nachdem der EZB-Rat am Donnerstag keine Bedenken gegen den Kandidaten geäußert hat. Draghi verfüge über professionelle Erfahrung in geldpolitischen und bankspezifischen Angelegenheiten, erklärte die Bank.