Fachkräftemangel kostet Milliarden
Berlin (dpa) - Dem deutschen Mittelstand entgehen wegen fehlender Fachkräfte mindestens 30 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr. Dies geht aus einer Hochrechnung der Beratungsgesellschaft Ernst & Young hervor.
Auf der Jagd nach guten Mitarbeitern sind auch die Dax-Konzerne: Rund die Hälfte will in diesem Jahr neue Stellen schaffen, wie die „Süddeutschen Zeitung“ ermittelte. Auch für den illegalen Arbeitsmarkt hat der Wirtschaftsboom Folgen: Wegen des Aufschwungs wurde in Deutschland 2010 so wenig schwarz gearbeitet wie seit 15 Jahren nicht.
Im Mittelstand fällt es inzwischen drei Viertel der Mittelständler „eher“ oder sogar „sehr schwer“, ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu finden (73 Prozent), wie es in der Umfrage heißt. Am stärksten betroffen sind Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden- Württemberg.
Besonders knapp ist das Arbeitskräfteangebot im Segment Bau/Energie: 81 Prozent der Chefs sprechen von einer „eher“ oder „sehr schweren“ Suche. „Erhebliche Umsatzeinbußen“ wegen des Fachkräftemangels melden 15 Prozent der Chefs, 36 Prozent haben Einbußen von bis zu 5 Prozent.
Glänzend sieht es bei der aktuellen Geschäftslage aus: Diese nennen 92 Prozent der Mittelständler „gut“ oder „eher gut“ - ein solcher Wert wurde nicht einmal im Boom-Jahr 2007 gemessen. Zudem erwartet mehr als die Hälfte der Mittelständler eine weitere Verbesserung ihrer Geschäftslage.
Mehr als jedes vierte Unternehmen will zusätzliche Mitarbeiter einstellen. Zwei von drei Unternehmern rechnen aber mit wachsenden Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Top-Personal. Einen Stellenabbau plant lediglich jeder 17. Mittelständler. Für das Mittelstandsbarometer befragte Ernst & Young 3000 Firmen mit 30 bis 2000 Mitarbeitern.
Von den 30 Dax-Konzernen wollen 14 Beschäftigte einstellen und 7 ihre Mitarbeiterzahl zumindest konstant halten. 6 Konzerne machten keine Angaben zu ihren Plänen, nur die Commerzbank, der Chemie- und Pharmakonzern Bayer sowie die Deutsche Börse wollen erklärtermaßen die Zahl ihrer Mitarbeiter verringern. „Die Firmen stellen wieder verstärkt ein. Im Jahresdurchschnitt 2011 werden wir daher weniger als drei Millionen Arbeitslose haben, und es werden so viele Menschen erwerbstätig sein wie nie zuvor im geeinigten Deutschland“, sagt Joachim Möller, der Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg der „Süddeutschen Zeitung“.
Konkrete Zahlen nennt Volkswagen, das in den kommenden drei bis fünf Jahren bis zu 50 000 neue Stellen schaffen will, 5000 bis 6000 davon in Deutschland. Bei Adidas sollen es in diesem Jahr 2000 neue Jobs werden. Siemens spricht von weltweit 12 000 offenen Stellen - 3000 davon in Deutschland. Anders ist die Lage bei Bayer, wo bis 2012 allein in Deutschland rund 1700 Arbeitsplätze abgebaut werden sollen. Die Commerzbank streicht seit Jahren Stellen, bis 2013 soll die Zahl von insgesamt 9000 erreicht sein.
Der Anteil der Schattenwirtschaft war 2010 so niedrig wie seit 1995 nicht. Das Tübinger Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) geht davon aus, dass rund 347,6 Milliarden Euro umgesetzt wurden - 13,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der Hintergrund: Durch den Aufschwung hätten viele Menschen einen regulären Arbeitsplatz gefunden. Dadurch sei die Schattenwirtschaft um 4,2 Milliarden Euro zurückgegangen. 2011 soll diese Entwicklung anhalten.
Unter Schattenwirtschaft verstehen die Experten vor allem Schwarzarbeit, aber auch alle kriminellen Aktivitäten. In diesem Jahr soll die Schattenwirtschaft in Deutschland noch einmal um 1,8 Milliarden Euro schrumpfen, prognostizieren das IAW und Schattenwirtschaftsexperte Friedrich Schneider von der Universität Linz. Welche Auswirkungen die Freizügigkeit für Arbeitnehmer aus acht osteuropäischen EU-Staaten ab dem 1. Mai 2011 haben werde, lasse sich im Moment kaum abschätzen.