Fachkräftemangel spitzt sich weiter zu
Aber die Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammern zeigt, dass es den Firmen sonst so gut geht wie lange nicht mehr.
Düsseldorf/Niederrhein. Eigentlich ist alles super in der Region. Die Wirtschaft brummt, die Exporte nehmen deutlich zu und die Inlandsnachfrage ist stabil. Wäre da nicht der sich zuspitzende Fachkräftemangel, der den Unternehmen gehörige Bauchschmerzen bereitet. Das ist zumindest das Kurzfazit der jüngsten Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammern (IHK) Düsseldorf und Mittlerer Niederrhein, an der knapp 700 Unternehmen teilnahmen.
Die IHK geht auf Grundlage der Ergebnisse davon aus, dass die Wirtschaft weiter auf Wachstumskurs bleibt, auch wenn das Tempo des ersten Halbjahrs wohl nicht gehalten werden kann, sagt Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf, und spricht von einem „positiven Flow“. Die Unternehmen beurteilten ihre aktuelle Geschäftslage so gut wie in noch keinem Spätsommer seit der letzten Konjunkturkrise: Jeweils 45 Prozent nennen die Geschäftslage „gut“ beziehungsweise „befriedigend“. Der Anteil der unzufriedenen Betriebe liegt bei zehn Prozent.
Brexit-Entscheidung, die sprunghafte Politik Trumps oder die Katalonien-Krise hätten kaum für Verunsicherung bei den Exporteuren gesorgt. Im Gegenteil: Der Export sei erstmals seit fünf Jahren angezogen. 34 Prozent der verarbeitenden Betriebe berichten über gestiegene Auslandsaufträge, 25 Prozent über weniger Interesse.
In Großhandel, Industrie, Bauwirtschaft und Dienstleistungsbereich sind Lage und Erwartungen gut, allein aus dem Einzelhandel kommen kritische Stimmen. „Hohe Mieten und die Online-Konkurrenz machen den meisten Firmenchefs zu schaffen“, erklärt Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein.
Größte Sorge aber bereitet der Mangel an Fachkräften — und das nicht erst seit gestern. Laut Umfrage sehen 40 Prozent der Unternehmen den Fachkräftemangel als Geschäftsrisiko. Er hindere immer mehr Betriebe daran, zusätzliches Personal einzustellen. Rund zwei Drittel der Befragten hätten aktuell Personalbedarf, den 56 Prozent davon nicht zeitnah decken könnten. „Dass sich der Fachkräftemangel mehr und mehr zur Wachstumsbremse auswächst, hätten wir nicht erwartet“, sagt Berghausen.
Dazu passe die nur leicht gestiegene Investitionsbereitschaft: „Wenn ich weiß, ich habe keine Leute, dann investiere ich auch nicht.“ Nur zehn Prozent der Firmen gehen davon aus, dass ein anhaltender Fachkräftemangel keine negativen Folgen für das Unternehmen haben werde.
Um den Mangel zu beheben, wünschen sich die Betriebe, dass vor allem die berufliche Bildung gestärkt (63 Prozent), die Qualifikation der Schulabgänger verbessert (53 Prozent) und die Beschäftigung ausländischer Fachkräfte erleichtert (31 Prozent) werde.
Es verändere sich nur langsam etwas, so Berghausen. Unternehmer, Bildungsinstitute und Politik müssten daher noch enger zusammenarbeiten. Dabei unterstützt die IHK die Unternehmen bei der Fachkräftesicherung. Das Angebot reiche von der Beratung und Vermittlung in der Berufsausbildung über Weiterbildungsangebote bis hin zu praktischen Hilfen bei der Integration von Berufsrückkehrern, Migranten, Flüchtlingen und Arbeitskräften aus dem Ausland.
Ein Aspekt: Man habe stets dafür geworben, Flüchtlingen in den Unternehmen eine Chance zu geben. Hier müsse man auch aktiv in die Unterkünfte gehen. „Die Firmen sollten wissen, was die Leute können“, sagt Gregor Berghausen. Doch in der Praxis stoßen die Unternehmen auch oft an Grenzen. Rechtliche Hürden erschweren Neueinstellungen zusätzlich.