Finanzkrise: Banken müssen „Testament“ machen
New York (dpa) - Ein „Testament“ für Banken soll die Vereinigten Staaten vor einer neuerlichen Finanzkrise schützen. Neun Großbanken haben auf Anweisung der US-Finanzmarktregulierer detaillierte Pläne ausgearbeitet, wie sie im Falle ihres eigenen Versagens möglichst schnell und schonend abgewickelt werden können.
Auch die Deutsche Bank musste sich Gedanken über ihr Ende machen. Denn das Frankfurter Institut ist eine Größe an der Wall Street. Die Deutsche Bank erläuterte in ihrem Notfallplan, wie eine Abwicklung des Mutterhauses hierzulande vonstattenginge und welche Auswirkungen das auf die US-Tochtergesellschaften und deren Kunden hätte.
Die staatliche US-Einlagensicherung FDIC veröffentlichte am Dienstag (Ortszeit) in New York die als „Living Wills“ bezeichneten Abwicklungspläne aller neun Banken - allerdings nur in Auszügen. Sensible Daten bleiben den Aufsehern von FDIC und der Notenbank Fed vorbehalten.
Die gesammelten Informationen der Banken sollen ein weiteres Desaster à la Lehman Brothers verhindern: Beim Zusammenbruch der US-Investmentbank im September 2008 herrschte Chaos und Verunsicherung. Nur das Eingreifen des Staates und der Notenbanken verhinderte damals einen Kollaps des gesamten Finanzmarktes.
Neben der Deutschen Bank gehörten die britische Barclays sowie die Schweizer Häuser Credit Suisse und UBS zu den Finanzfirmen, die ihr „Testament“ machen mussten. Aus den USA selbst reichten die Bank of America, die Citigroup, Goldman Sachs, Morgan Stanley sowie JPMorgan Chase ihre Unterlagen ein.
Hintergrund für die Notfallpläne ist die schiere Größe der Finanzkonzerne. Sie sind derart verschachtelt aufgebaut und untereinander vernetzt, dass Außenstehende kaum mehr durchblicken. Die Abwicklung von Lehman Brothers beispielsweise dauert bis heute an und hat Hunderte Millionen Dollar an Honoraren für die Insolvenzverwalter verschlungen.
Mit dem „Letzten Willen“ soll von Anfang an Klarheit über den inneren Aufbau und die Geschäftsbeziehungen der Banken herrschen. Auch soll klar sein, welche Personen und Gremien im Fall der Fälle die Entscheidungen treffen und ausführen.
Der öffentlich zugängliche Teil der Unterlagen enthält allerdings nur sehr vage Andeutungen, wie die eigentliche Abwicklung letztlich vonstattenginge. Kern wäre der Verkauf von Vermögenswerten, um Geld in die Kasse zu bringen.
Die Aufsichtsbehörden wollen nicht noch einmal in die Verlegenheit kommen, aus Mangel an Alternativen die Banken mit Steuermilliarden retten zu müssen, wie dies in der Finanzkrise geschehen war. Die „Living Wills“ sind ein zentraler Bestandteil der von US-Präsident Barack Obama vorangetriebenen Finanzmarktreform, dem „Dodd-Frank Act“.
In Europa gibt es ähnliche Überlegungen zur Abwicklung einer Bank. Erst Anfang Juni hatte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier seine Vorstellungen präsentiert. Auch hier ist der Grundgedanke nach den Erfahrungen mit Finanzfirmen vom Schlage einer Hypo Real Estate, dass nicht mehr der Steuerzahler einspringen soll.
In den USA sind insgesamt etwa 125 Banken bis Ende 2013 verpflichtet, einen Notfallplan vorzulegen. Nur die größten Institute hatten ihre Dokumente schon jetzt einreichen müssen. Ein Bankrott dieser als systemrelevant bezeichneten Finanzkolosse hätte besonders schwerwiegende Konsequenzen.
Die Aufsichtsbehörden haben nun 60 Tage Zeit, die Unterlagen durchzuschauen und zu prüfen, ob sie den Vorgaben entsprechen. Sie können sonst nötigenfalls weitere Informationen anfordern. FDIC und Fed hatten das „Banken-Testament“ im vergangenen Jahr endgültig beschlossen.