Finanzmisere Griechenlands bedroht gesamten Euroraum
Frankfurt/Main (dpa). Der Euro steht seit Wochen unter starkemDruck. Noch im November 2009 hatte die Gemeinschaftswährung einJahreshoch bei 1,51 US-Dollar erreicht.
Seitdem hat sie über zehnProzent an Wert verloren und steht aktuell bei etwa 1,36 Dollar.Hauptgrund für den Sinkflug sind die Finanznöte Griechenlands. Dasgroße Staatsdefizit und die immens hohe Verschuldung Athens haben anden Märkten Befürchtungen um einen Staatsbankrott mit verheenden Folgenfür den gesamten Euroraum ausgelöst. Fragen und Antworten zumEuro-Verfall:
Kann der Euro noch tiefer fallen?
Viele Experten gehen davon aus, dass der Euro sein Tief noch nichtgesehen hat. Der sogenannte „faire Wert“, der aufgrund derWirtschaftslage angemessen wäre, wird zumeist bei 1,20 Dollar gesehen.Die konkrete Wechselkursentwicklung dürfte aber vor allem davonabhängen, inwieweit Griechenland seinen angekündigten Sparkurs umsetzenkann und seine Staatsfinanzen konsolidiert. Auch finanzielle Hilfenseitens der Europäischen Union oder einzelner Euro-Länder - obwohl lautEU-Vertrag verboten - sind weiterhin im Gespräch. Mit Spannung wirddaher auch auf das Treffen von Griechenlands Premier GeorgiosPapandreou und Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag gewartet.
Wer profitiert von dem schwachen Euro?
Zunächst kommt ein schwacher Euro all denjenigen Investoren zugute, dieauf einen schwachen Euro setzen. Hierzu gehören auch Großinvestoren wieHedge-Fonds. Laut Medienberichten haben sich erst kürzlich mehrerehochrangige Vertreter mächtiger Fonds getroffen, um einen spekulativenAngriff auf den Euro zu beraten. Sie gehen davon aus, dass der Euro zumDollar bis auf ein Eins-zu-Eins-Verhältnis, also auf „Parität“ fallenkann. Auf der anderen Seite kann ein schwacher Euro auch der Wirtschaftdes Euroraums zugute kommen, insbesondere über sinkende Preiseheimischer Exportgüter. Allerdings würde eine Euroabwertung Importe,zum Beispiel von Ölprodukten, verteuern.
Wie arbeiten diese Hedge-Fonds?
Hedge-Fonds arbeiten zumeist anders als herkömmliche Anleger. Siesetzen überwiegend sogenannte „Hebelprodukte“ oder „Derivate“ ein, dieim Prinzip einer Wette auf einen fallenden Euro ähneln. Ein typischesInstrument ist der sogenannte „Leerverkauf“, also der Verkauf vonDevisen, die sich noch gar nicht im Besitz des Hedge- Fonds befinden.Dabei verkauft der Fonds den Euro „leer“ und verpflichtet sich dazu,ihn zu einem späteren Zeitpunkt zu einem fixen Preis wieder zu kaufen.Diese Rechnung geht freilich nur dann auf, wenn der Eurokurs sinkt.
Was kann gegen einen Euro-Verfall unternommen werden?
Grundsätzlich gilt: nicht sehr viel. Die Geschichte zeigt, dass sowohlverbale als auch faktische Interventionen seitens der Politik und derNotenbanken zwar kurzfristig Wirkung entfachen. Mittel- und erst rechtlangfristig können Politik und Zentralbank aber nicht „gegen den Markt“intervenieren. Einen zielsicheren Pfeil hat die Politik freilich immerim Köcher: Verbote. So wurden während der Finanzkrise in vielen LändernLeerverkäufe auf bestimmte Bank-Aktien zeitweise verboten. Auch eineinternationale Steuer auf Finanztransaktionen (Tobin-Steuer) wird immerwieder diskutiert. Sie soll die Erträge entsprechender Geschäftemindern und damit Spekulationen eindämmen. Der Eurogruppen-ChefJean-Claude Juncker drohte unlängst, man habe „Folterwerkzeuge imKeller“, um die Märkte in die Schranken zu weisen.