Foto-Pionier Kodak ist pleite: Sorge um Jobs

Rochester/Stuttgart (dpa) - Die digitale Revolution hat das Foto-Urgestein Kodak in die Insolvenz getrieben. Die gut 130 Jahre alte Traditionsfirma will geschützt vor Gläubigern einen Neustart wagen - doch es ist unklar, ob das gelingt.

Auch mehrere hundert Mitarbeiter in Deutschland müssen bangen. Die deutsche Tochter betont jedoch, dass sie nicht direkt von dem US-Insolvenzverfahren betroffen ist. Der Erfinder des Fotofilms ist trotz jahrelanger Bemühungen nicht mit dem Siegeszug der Digitalbilder klargekommen. Hohe Verluste zehrten die Geldreserven auf. Die Insolvenz sei ein „notwendiger Schritt“, um wieder auf die Beine zu kommen, erklärte Konzernchef Antonio Perez am Donnerstag. Das Geschäft soll derweil weiterlaufen.

In den USA ist es nicht ungewöhnlich, dass sich Unternehmen für ihre Sanierung in ein Insolvenzverfahren nach dem sogenannten „Chapter Eleven“ (Abschnitt 11 des Insolvenzgesetzes) flüchten. Das schützt vor Forderungen der Gläubiger und gibt den Firmen damit Zeit, sich neu zu sortieren.

Die deutschen Gesellschaften mit knapp 100 Mitarbeitern sind nicht Teil des US-Insolvenzverfahrens. „Wir sind nicht davon betroffen“, betonte ein Sprecher in Stuttgart. In Deutschland gehe das Geschäft normal weiter. Alle Verpflichtungen würden erfüllt. Es habe nur vereinzelt Nachfragen von verunsicherten Kunden gegeben. Die Mitarbeiter machten sich jedoch Sorgen, sagte Betriebsratschef Wolfgang Eisele. Hauptsitz ist Stuttgart mit etwa 380 Stellen. Einst bauten hier 4500 Menschen Diaprojektoren, Kameras und Kopierer.

Eastman Kodak, wie das Unternehmen vollständig heißt, hatte die analoge Fotografie entscheidend geprägt. Die Erfindung des Fotofilms und des Kleinbildformats machten den Konzern aus der Nähe von New York reich. Kodak war auch an den Anfängen der digitalen Fotografie beteiligt. Allerdings verlor das Unternehmen hier schnell den Anschluss an aggressivere Konkurrenten aus Asien. Der Siegeszug der Digitalfotografie warf schließlich das angestammte Kodak-Geschäft komplett durcheinander. Tragende Säulen wie der Fotofilm brachen praktisch komplett weg. Versuche, in neue Geschäftsbereiche wie Pharma zu gehen, schlugen fehl.

Ähnlich erging es zuvor auch dem kleineren deutschen Rivalen AgfaPhoto. Ende 2005 waren am Traditionsstandort Leverkusen nach rund 140 Jahren die Lichter ausgegangen. Mehr als 1000 Beschäftigte verloren damals ihren Arbeitsplatz. Der Name lebt indes weiter und wird von einer Holding an Fremdfirmen lizenziert.

Kodaks Insolvenz ist jedoch eine ganze Nummer größer. Den Vermögenswerten von 5,1 Milliarden Dollar (3,9 Mrd Euro) stehen Schulden von 6,8 Milliarden Dollar gegenüber. Damit Kodak weitermachen kann, stellt die Großbank Citigroup nun fast eine Milliarde Dollar zu Verfügung. Die Finanzierung muss allerdings noch vom Insolvenzrichter gebilligt werden, der das letzte Wort hat.

Kodak bereitet sich auf ein längeres Schattendasein vor: Der Umbau des US-Geschäfts solle erst 2013 abgeschlossen werden, erklärte die Firma. Konzernchef Perez will Kodak als Druckerspezialisten neu erfinden. Doch der Wandel geht nur schleichend voran, während immer neue Verluste aufliefen. Seit 2003 wurden 47 000 Arbeitsplätze gestrichen und 13 Fabriken dichtgemacht. Das Unternehmen beschäftigte zuletzt weltweit noch rund 17 000 Mitarbeiter.

Kodak hält noch grundlegende Patente für die Digitalfotografie, die in so ziemlich allen Geräten von der Spiegelreflexkamera bis hin zum Handy zum Einsatz kommen. Das Management sieht darin einen Schatz und will rund 1100 Patente zu Geld machen. Der Verkauf stockt jedoch seit Monaten - auch weil Interessenten Ärger wegen einer späteren Insolvenz fürchteten. Jetzt könnten die Patente womöglich leichter den Besitzer wechseln. Damit käme dringend benötigtes Bares herein.

Über eine Kodak-Insolvenz war seit Monaten heftig spekuliert worden, die ersten konkreten Hinweise gab es schon im Oktober. Das Unternehmen hatte selbst gewarnt, dass ohne neue Mittel binnen zwölf Monaten das Aus kommen könnte.

Die Börse setzte am Donnerstag den Handel mit Kodak-Aktien aus, nachdem das Papier schon vorbörslich um fast 30 Prozent auf 0,39 Cent gefallen war. In den 90er Jahren kostete die Aktie einst mehr als 90 Dollar. Zuletzt war der Kurs nach den Insolvenzgerüchten geschmolzen.

In den vergangenen Tagen hatte Kodak einer Serie von Patentklagen abgefeuert. Die bislang letzte, gegen Samsung, kam wenige Stunden vor dem Insolvenzantrag. Zuvor wurden Apple, der Smartphone-Spezialist HTC und der Erzrivale Fujifilm verklagt. Nach Einschätzung von Experten will Kodak mit den Klagen Kaufinteressenten die Schlagkraft des Patent-Portfolios demonstrieren.