Gabriel legt Agenda vor: Minister mahnt Investitionen an
Berlin (dpa) - Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat mehr Investitionen von Staat und Unternehmen angemahnt, damit Deutschland seine Spitzenposition halten kann.
„Trotz der guten konjunkturellen Entwicklungen gibt es auch aufgrund der unterdurchschnittlichen Investitionsquote noch keine Sicherheit eines selbsttragenden Aufschwungs“, schrieb der SPD-Chef und Vizekanzler jetzt an seine Ministerkollegen. Der Brief lag am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa und dem „Handelsblatt“ vor.
Gabriel will am 12. Februar im Kabinett den neuen Jahreswirtschaftsbericht erläutern und am 13. Februar dazu im Bundestag eine Regierungserklärung abgeben. Abzuwarten bleibt, ob er die Wachstumsprognose der schwarz-gelben Vorgängerregierung aus dem Oktober für 2014 von 1,7 Prozent bestätigt.
Der Industrieverband BDI hält ein Plus von zwei Prozent oder mehr für möglich. „Ob die vorhandenen Wachstumsimpulse tatsächlich zum Tragen kommen, hat ganz wesentlich die Politik in der Hand“, sagte BDI-Präsident Ulrich Grillo. Im vergangenen Jahr hatte die deutsche Wirtschaft nur dank der Kauflaune der Verbraucher ein Mini-Wachstum von 0,4 Prozent geschafft.
Die von Gabriel beklagte Investitionsschwäche wird seit langem auch von EU-Kommission, Weltwährungsfonds oder den USA kritisiert. Mit riesigen Handelsbilanzüberschüssen verschärfe der Vize-Exportweltmeister Deutschland die ökonomische Spaltung Europas und verhindere ein stärkes weltweites Wachstum, sagen die Kritiker.
Gabriel moniert, dass das Investitionsniveau Deutschlands mit 17 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) deutlich unter dem OECD-Schnitt von 20 Prozent liegt: „Das entspricht einer erheblichen Lücke an privaten und öffentlichen Investitionen.“ Die Sanierung der öffentlichen Haushalte bleibe notwendig. „Sie darf aber nicht zu Lasten dringender öffentlicher Investitionen gehen.“ Die große Koalition will trotz zusätzlicher Mehrausgaben an den bisherigen Defizit-Zielen festhalten. 2015 will der Bund ganz ohne neue Schulden auskommen.
Der SPD-Vorsitzende, der als Minister mit der Energiewende das wichtigste Projekt der großen Koalition bis 2017 verantwortet, will ohne ideologische Scheuklappen agieren. Das alte Denken, mehr Markt oder Staat, sollte überwunden werden. „Auch hier geht es nicht um ein Entweder-Oder, sondern um ein Sowohl-als-Auch.“
In der Finanzpolitik lobt Gabriel das umstrittene Krisenmanagement von EZB-Präsident Mario Draghi mit weiter extrem niedrigen Leitzinsen und der Politik, den Aufkauf von Staatsanleihen kriselnder Euro-Ländern zuzulassen. „Ohne die Geldpolitik der EZB etwa wäre die Spekulation gegen den Euro weitergegangen, und ohne ein Absenken des Zinsniveaus wäre die konjunkturelle Entwicklung im Euro-Raum noch stärker belastet.“ Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte dagegen kürzlich vor neuen Blasen wegen der Geldschwemme der Notenbanken.
Gabriel bekennt sich einmal mehr klar zur Industrie: „Der industrielle Sektor ist der Kern des deutschen Wirtschaftsmodells.“ Im weltweiten Wettbewerb könnten aber nur jene Standorte bestehen, die bei Energie und Ressourcen besonders effizient seien. „Mit einer ökologischen Industriepolitik kann eine nachhaltige industrielle Entwicklung gefördert werden“, schreibt der Energieminister, der bis Ostern Eckpunkte für eine Reform der teuren Ökostromförderung vorlegen will. Der Brief des Vizekanzlers an seine Kabinettskollegen von SPD, CDU und CSU endet mit einer Bitte: „Ich würde mich freuen, wenn wir das Erreichen dieser (...) Ziele gemeinsam befördern würden.“