Wirtschaft Gebührenpolitik der Banken: „Keine Entspannung in Sicht“
Bankenexperte Gerke: Gebühren bei Geldinstituten werden weiter steigen
Düsseldorf. Immer mehr Geldinstitute drehen wegen der weggebrochenen Zinserträge an der Gebührenschraube. Vorläufiger Höhepunkt: Schon 40 Sparkassen verlangen an den eigenen Automaten ein Entgelt fürs Bargeldabheben. Nach Einschätzung von Wolfgang Gerke, Bankenexperte und Präsident des Bayerischen Finanz Zentrums, wird sich dieser Trend noch verstärken. Warum, erläuterte er im Gespräch mit unserem Berliner Korrespondenten Stefan Vetter:
Herr Gerke, ausgerechnet die Sparkassen langen jetzt noch kräftiger zu. Dabei stehen die doch gar nicht so schlecht da, oder?
Wolfgang Gerke: Ja, aber das sind Gesamtzahlen. Manche Sparkassen geraten durch die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank allmählich in Schwierigkeiten, weil sie kein Geld mehr verdienen. Sie wollen ihren Kunden keine Negativzinsen berechnen, das fiele noch mehr auf. Also konzentrieren sich auf höhere Gebühren.
Noch vor einem halben Jahr hatte Sparkassenverbands-Chef Fahrenschon Automaten-Gebühren für die eigene Kundschaft zum Tabu erklärt. Was ist da zwischenzeitlich passiert?
Gerke: Nun, Herr Fahrenschon hat sich mit seiner Politik bei den doch sehr selbständigen Sparkassen nicht durchsetzen können. Gerade das zeigt aber, wie einige Sparkassen in die Bredouille gekommen sind.
Wird das Automaten-Beispiel der Sparkassen Schule machen?
Gerke: Mit Sicherheit wird das Schule machen. Denn bei anderen Geldinstituten sieht es wirtschaftlich ähnlich problematisch aus. Und auch dort wurde ja schon an der Gebührenschraube gedreht, zum Beispiel bei Überweisungen und anderen Service-Leistungen. Die Sparkassen gehen nun allerdings in einen besonders sensiblen Bereich. Und es trifft gerade die Kleinsparer.
Was empfehlen Sie den Bankkunden?
Gerke: Man kann ihnen nur den Rat geben, sich die Gebührenmodelle ihres Geldinstituts genau anzuschauen und dabei nicht nur auf das Entgelt für den Automaten zu achten. Und wem es zu teuer ist, der sollte die Bank wechseln.
Manche dürften sich aber auch mehr Geld zuhause hinlegen, um Abhebegebühren zu sparen. Ist das empfehlenswert?
Gerke: Davon kann man nur abraten, denn auch Einbrecher würden darauf reagieren, und am Ende ist womöglich alles weg. Es gibt immer noch viele Banken, die solche Automaten-Gebühren nicht verlangen. Da muss der Kunde flexibel sein. Klar ist aber auch, dass vor allem ältere Menschen sich damit sehr schwer tun dürften. Auch, weil vielen einfach die Möglichkeiten für einen Wechsel fehlt.
In den USA stehen die Zeichen wieder auf Zinserhöhungen. Ein Hoffnungsschimmer auch für Bankkunden in Deutschland?
Gerke: Europa ist noch nicht so weit wie es die USA sind. Sparer müssen aber leider davon ausgehen, dass ihnen auch das keinen Nutzen bringt. Denn wenn die Zinsen steigen, wird sich auch die Inflation erhöhen, sodass sie real weiter Geld verlieren. Da kann es fast egal sein, ob man keinen Zins bekommt für relativ stabiles Geld oder ein bisschen Zins für weniger stabiles Geld.
Und da ist wirklich keine Entspannung in Sicht?
Gerke: Nein, im Gegenteil. Die Interessen des Staates, sich günstig zu finanzieren und dem Bürger indirekt das Geld abzuluchsen sind so groß, dass die Zukunft gegen die Altersvorsorge und das Sparen spricht. Viele Sparkassen übrigens haben ihr Geld auch in Bundesanleihen angelegt, die jetzt allmählich auslaufen. Damit wird der Druck, Gebühren zu erheben, noch viel höher, weil sie ihr Geld nicht mehr verzinslich anlegen können. Jedenfalls dann nicht, wenn das Geld sicher angelegt sein soll.