Geldpolitik: „Super Mario“ übernimmt das Steuer
Der Italiener muss die Europäische Zentralbank durch die Schuldenkrise führen.
Frankfurt. Die Erwartungen an „Super Mario“ könnten höher nicht sein: Mitten in der schwersten Krise des Euro-Raums übernimmt der Italiener Mario Draghi am Dienstag die Führung der Europäischen Zentralbank. Auf den Ex-Chef der italienischen Notenbank wartet in Frankfurt eine Herkulesaufgabe. Er soll den Euro-Raum durch die Schuldenkrise steuern, die Unabhängigkeit der Notenbank verteidigen, die Inflation bekämpfen und auch noch die Risse im EZB-Rat kitten, die das Krisenmanagement zuletzt aufgerissen hat.
Helfen dürfte dem 63-Jährigen, dass demnächst der europäische Rettungsschirm EFSF Anleihen von Euro-Krisenländern erwerben soll. Der scheidende EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hat bereits signalisiert, dass sich die Währungshüter aus dem Kaufprogramm zurückziehen dürften, wenn der EFSF einsatzfähig ist. Wie Draghi mit dem umstrittenen Thema umgeht, muss sich zeigen.
Der passionierte Bergsteiger Draghi steht vor der Aufgabe, Geldpolitik für alle Euro-Länder machen zu müssen — für das hochverschuldete Griechenland genauso wie für das wirtschaftlich starke Deutschland. Sein Problem: In der Wirtschafts- und Fiskalpolitik stimmen sich die Länder des Euroraums weiter kaum ab.
Zugleich wird Draghi, der sich als Vizepräsident der Investmentbank Goldman Sachs in London den Spitznamen „Super Mario“ erwarb, die Unabhängigkeit der Notenbank gegen Begehrlichkeiten der Politik verteidigen müssen. „Die Unabhängigkeit der EZB beweist sich gerade in stürmischen Zeiten“, sagt der Chefvolkswirt Deutschland von Barclays Capital, Thorsten Polleit. Die Rolle des EZB-Präsidenten dürfe allerdings nicht überschätzt werden: „Er ist nur einer unter mehreren im Rat“, sagt Polleit.
Wichtigste Aufgabe der EZB ist es, mit ihrer Geldpolitik für stabile Preise im gemeinsamen Währungsraum der 17 Länder zu sorgen und die Inflation in Schach zu halten. Immerhin in diesem Punkt muss sich der künftige „Mister Euro“ derzeit keine allzu großen Sorgen machen: Zwar liegt die Jahresteuerung über der Marke von knapp unter 2,0 Prozent, die die EZB als Geldwertstabilität definiert.
Doch dürften die eingetrübten Konjunkturaussichten den Preisauftrieb in den kommenden Monaten dämpfen. Kritiker befürchten allerdings, dass das Anwerfen der Notenpresse zum Kauf von Staatsanleihen langfristig die Inflation anheizen könnte.