Griechen heben Milliardensumme ab

Athen (dpa) - Knapp vier Wochen vor den vorgezogenen Parlamentswahlen wachsen die Sorgen vieler Griechen vor einer neuerlichen Zuspitzung der Wirtschafts- und Schuldenkrise.

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Aus Angst vor politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen hoben Medienberichten zufolge im Dezember zahlreiche Sparer und Unternehmen insgesamt 2,5 Milliarden Euro von ihren Bankkonten ab. Einige Experten diskutieren wieder offen über einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone.

Ein solcher „Grexit“ wäre aber diesmal leichter von den restlichen Euroländern zu ertragen. Umfragen deuten derweil auf einen heftigen Wahlkampf und auf ein knappes Wahlergebnis Ende Januar hin. Die politische Stimmung in Griechenland ist stark polarisiert.

Die derzeitige „Mini-Kapitalflucht“ sei ungewöhnlich und lasse sich nur damit erklären, dass die Bürger sich große Sorgen angesichts der vorgezogenen Wahlen am 25. Januar machen, berichtete die konservative Athener Zeitung „Kathimerini“ am Mittwoch. Die Tendenz, Geld abzuheben, hatte demnach bereits im November im Umfang von rund 200 Millionen Euro begonnen. Ein Ansturm auf die Banken sei dies nach Schätzungen von Fachleuten eindeutig nicht. Die Entwicklung zeige aber die Besorgnis der Bürger, hieß es in dem Zeitungsbericht.

Die Banken wollen verstärkt darauf achten, dass auf keinen Fall ein „Bank Run“ ausgelöst wird: Die Institute sorgten dafür, dass alle Geldautomaten ausreichend mit Geld bestückt sind, sagte ein Bankdirektor der Deutschen Presse-Agentur.

Aktuelle Umfragen in Griechenland zeigen einen Vorsprung der Linkspartei Bündnis der radikalen Linken (Syriza) von Alexis Tsipras. Dieser strebt eine Neuaushandlung des griechischen Konsolidierungsprogramms und einen Schuldenschnitt an.

Die bürgerliche Nea Dimokratia (ND) unter dem amtierenden Regierungschef Antonis Samaras hat allerdings in den vergangenen Tagen nach Angaben von Demoskopen aufgeholt. Der Vorsprung von Syriza sei von etwa sieben Prozentpunkten im November auf drei bis vier Punkte geschrumpft.

Der ehemalige Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Jürgen Stark, äußerte mit Blick auf die Neuwahlen in Griechenland Kritik an der Rettungspolitik der EZB. „Griechenland war seit 2010 faktisch mehrfach insolvent“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“ (Mittwoch). Immer wieder sei mit neuem Geld der Mitgliedstaaten und der EZB die Insolvenz verschleppt worden. Jetzt zeigten sich „die nach wie vor ungelösten Probleme in aller Schärfe“. Aus Protest gegen die Rettungsmaßnahmen der EZB war Stark 2011 zurückgetreten.

Grünen-Parteichefin Simone Peter warnte unterdessen eindringlich vor einem Austritt Griechenlands aus der Eurozone. „Ein Ausstieg aus dem Euro kann weder im Interesse Griechenlands noch der EU sein“, sagte sie der „Welt“. „Für Griechenland wären die Folgen dramatisch, und auch die Eurozone hätte mit negativen Konsequenzen zu kämpfen.“

Der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, geht dagegen davon aus, dass ein möglicher Regierungswechsel in Griechenland den Euro nicht gefährden wird. Auch ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion wäre nur „ein Beitrag zur Verringerung der Gefahren, den der Weg in die Transferunion mit sich brächte“, sagte der Wirtschaftswissenschaftler „Focus Online“.

Tsipras hatte in den vergangenen Tagen seine Wähler auf ökonomische „Terrorszenarien“ aufmerksam gemacht. Diese werde es in den nächsten Wochen immer wieder geben. Die Bürger dürften sich nicht von diesen Schreckensvisionen beeindrucken lassen, betonte der Linkspolitiker.

Die Wahlkampf-Atmosphäre in Griechenland wird währenddessen immer trüber, die politischen Rivalen schrecken auch vor verletzenden Äußerungen nicht zurück. Tspiras' Partei bezeichnete die regierenden Konservativen und Sozialisten als „Verbrecher, die nicht können und es auch nicht wollen, das Volk von den harten Sparmaßnahmen zu entlasten“. Die konservative Partei des amtierenden Regierungschefs Antonis Samaras, Nea Dimokratia, konterte: „Verräter“ seien die Politiker der Linken, die die Absicht hätten, das Land nach einem Bankrott aus der Eurozone herauszuführen.

Besorgt rief der griechische Staatspräsident Karolos Papoulias in seiner Neujahrsansprache die Politiker des Landes zur Mäßigung auf: In dieser kritischen Periode müsse das nationale Interesse gegenüber dem Partei-Interesse überwiegen.