Griechenland droht Sparziele zu verfehlen
Athen (dpa) - Griechenland könnte wegen der schrumpfenden Wirtschaft und sinkender Steuereinnahmen die von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) gesetzten Sparziele verfehlen.
Wenn sich die Finanzen des Landes so weiterentwickelten, drohe in diesem Jahr ein Haushaltsdefizit von etwa 8,8 Prozent, schätzt die zuständige Abteilung des griechischen Parlaments. Der Bericht lag der Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag vor. Damit würde Griechenland das gesetzte Ziel, das Defizit auf 7,5 bis 7,6 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu drücken, verfehlen.
Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos hielt den Experten des Parlaments Unerfahrenheit vor. Alle zuständigen Gremien, etwa der EU und des IWF sowie der griechischen Zentralbank wüssten, wie man Berichte und Schätzungen über makroökonomische Daten bearbeitet und veröffentlicht, betonte der Minister. Diese Erfahrung habe das Haushaltsbüro des Parlaments augenscheinlich nicht. Aus diesem Grund sei der Bericht nicht glaubwürdig.
In Athen findet zurzeit eine gründliche Kontrolle der Bücher statt; in diesem Monat ist die nächste Tranche der EU/IWF-Hilfen für Griechenland in Höhe von acht Milliarden Euro fällig. Mitarbeiter der sogenannten Troika aus EU, IWF und Europäischer Zentralbank (EZB) prüfen die Umsetzung des Spar- und Stabilisierungsprogramms, das mit Griechenland im Gegenzug für Milliardenhilfen vereinbart worden war.
Die EU-Kommission will zunächst das Ergebnis dieser Prüfung abwarten. „Es ist verfrüht, jetzt über Zahlen zu spekulieren, wir müssen erst einmal das Resultat abwarten“, sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel. Die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums habe sich schon länger abgezeichnet und sei keine Überraschung. Bereits in ihrer Frühjahrsprognose habe die Kommission darauf hingewiesen. „Einige der Risiken für das Wachstum sind nun eingetreten.“ Wesentlich sei, dass Griechenland seine Strukturreformen und die Privatisierung von Staatsbesitz rasch umsetze.
Bereits vergangene Woche hatte das Finanzministerium in Athen bekanntgegeben, dass in den ersten sieben Monaten des Jahres die Einnahmen des Staates um 1,9 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurückgegangen sind. Die Ausgaben stiegen um 2,7 Milliarden Euro an. Düster sind auch die Aussichten für die Konjunktur. Die Wirtschaftsleistung war im Vorjahr offiziellen Angaben zufolge um 4,5 Prozent zurückgegangen und wird nach neuesten Schätzungen in diesem Jahr um weitere 5,0 bis 5,5 Prozent schrumpfen.
Griechische Medien berichteten, die Prüfer der Troika kämen zu ähnlichen Erkenntnissen wie die Parlamentarier. EU, IWF und EZB forderten die strikte Einhaltung der Sparmaßnahmen wie etwa die Verschlankung des Staates, die ihrer Ansicht nach „nicht wie erwünscht“ vorankomme.
Finanzminister Venizelos soll nach Informationen aus Kreisen seines Ministeriums gegenüber der „Troika“ immer wieder betonen, dass das Sparprogramm durch Investitionen und die Reduzierung der Steuersätze verstärkt werden müsse. Nur so könne die Wirtschaft wieder in Gang kommen. Die Mehrwertsteuer war innerhalb von zwei Jahren von 19 auf 21 und danach auf 23 Prozent gestiegen. Die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) betonte, die Sparmaßnahmen würgten die Wirtschaft ab. „Das Medikament ist gefährlicher als die Krankheit“, hieß es aus der Partei.