Aufbau von Studiengängen verschlafen Hebammen müssen künftig studieren - Nur wo?
Bochum/Düsseldorf · Wer Hebamme werden will, soll künftig studieren. Doch bislang geht das in NRW nur an einer einzigen Hochschule. Weitere sollen bald folgen, sagt das Wissenschaftsministerium. Dem Hebammenverband geht der Aufbau dagegen viel zu langsam.
Der Aufbau von Studienmöglichkeiten für angehende Hebammen in Nordrhein-Westfalen läuft aus Sicht des Berufsverbandes viel zu schleppend. „Das Land hat doch eigentlich längst erkannt, dass wir einen Versorgungsengpass in der Geburtshilfe haben“, sagte die Vorsitzende des NRW-Landesverbandes der Hebammen, Barbara Blomeier. Dennoch sei der rechtzeitige Aufbau von Studiengängen viel zu lange verschlafen worden.
Bislang gibt es in NRW nur an der Hochschule für Gesundheit in Bochum die Möglichkeit, einen berufsqualifizierenden Bachelor in Hebammenkunde zu erwerben. Weitere Hochschulen in fünf Städten hätten ihr Interesse an der Einrichtung eines solchen Studiengangs bekundet, teilte das NRW-Wissenschaftsministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Es handele sich um Hochschulen in Aachen, Krefeld, Bonn, Köln und Bielefeld, die überwiegend einen Studienstart in den nächsten zwei Jahren anstrebten. In Düsseldorf stehe ein Studiengang in den Startlöchern.
Bereits im Herbst 2019 war eine Reform der Ausbildung bundesweit beschlossen worden. Wie europaweit bereits längst üblich, sollen Hebammen nicht mehr an Hebammenschulen, sondern möglichst an Hochschulen ausgebildet werden. Das Studium mit hohem Praxisanteil wird mit einer staatlichen Prüfung und einem Bachelor abgeschlossen. Während des Studiums sollen die angehenden Hebammen bezahlt werden. Die Praxisteile absolvieren sie in einem Krankenhaus oder bei einer freiberuflichen Hebamme. Durch die Reform sollen die Geburtshelferinnen fit gemacht werden für immer schwierigere Anforderungen in ihrem Beruf. Gleichzeitig sollen die Forschung in dem Bereich vorangetrieben und ein Einstieg attraktiver werden.
Man setze sich dafür ein, eine flächendeckende und regional ausgewogene Versorgung zu gewährleisten, erklärte das Wissenschaftsministerium. Genau die sieht der Landesverband der Hebammen in Gefahr, wenn das Land den Hochschulen nicht durch klare Signale mehr Planungssicherheit gebe - etwa durch Angaben zur Studienplatzgröße oder Finanzierung.
„Jetzt haben wir so ziemlichen Wildwuchs“, kritisierte Blomeier. Im südlichen Rheinland oder Ostwestfalen konkurrierten potenzielle Hochschulstandorte derzeit um die notwendigen Kooperationspartner wie Kliniken oder Geburtshäuser. Anderswo, wie etwa im Münsterland gebe es gar keine konkreten Überlegungen.
Während die Zahl der angebotenen Studienplätze nur schleppend wachse, ziehen sich erste Hebammenschulen alten Typs nach Blomeiers Angaben bereits zurück. „Damit wächst die Lücke weiter. Wenn Studierende in anderen Bundesländern ausgebildet werden, sind sie später häufig auch dort tätig“, sagte Blomeier. Auch das qualifizierte Lehrpersonal wandere zunehmend in andere Bundesländer ab, wo die Ausbildungsreform weiter fortgeschritten sei. „Die kommen dann nicht wieder, wenn sie einmal woanders Fuß gefasst haben.“
Bestehende Studienplätze sind begehrt, die Hochschule für Gesundheit in Bochum erprobt den Modellstudiengang seit 2010 erfolgreich. Zum Wintersemester sollen 80 statt der aktuell 57 Plätze pro Jahr angeboten werden. An der Düsseldorfer Fliedner Fachhochschule soll ein Studiengang zum nächsten Wintersemester kommen. Eine Sprecherin erklärte, es gebe eine „enorme Nachfrage“ nach den 35 Plätzen. Auch an der Hochschule für Gesundheit gibt es regelmäßig mehr Bewerber als Plätze: Wer sich hier zur Hebamme ausbilden lassen will, muss einen Numerus clausus von 2,3 haben - oder mindestens drei Wartesemester Geduld.