Hochtief Hochtief wird wohl bald spanisch

Essen/Madrid (dpa) - Im Abwehrkampf gegen die Übernahme durch ACS gehen den Essenern die Trümpfe aus. Nach der Entscheidung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) steht einer Übernahme des deutschen Baukonzerns durch den verschuldeten spanischen Konkurrenten kaum noch etwas im Wege.

Der Hochtief-Betriebsrat befürchtet einen heftigen Stellenabbau, während Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter zunächst einmal zur Ruhe auffordert. IG BAU-Gewerkschaftschef Klaus Wiesehügel sieht den Abwehrkampf schon verloren: „Mit der Entscheidung der BaFin sind die Würfel gefallen“. Die Gewerkschaft werde mit ACS so schnell wie möglich Gespräche führen, um eine Garantie der Arbeitsplätze zu erreichen. „Hochtief darf nicht zerschlagen werden.“ In Deutschland beschäftigt Hochtief noch rund 11 000 Mitarbeiter, insgesamt sind es etwa 66 000.

„Die Spanier haben wirklich alle Trümpfe in der Hand“, sagte auch Marco Cabras von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) am Dienstag der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. „Es gibt für die Hochtief-Aktionäre keine Möglichkeit, die Entscheidung anzufechten.“ Dennoch sieht er zwei „realistische Hoffnungen für die Essener“.

Zum einen könnte die DSW-Schwesterorganisation AEMEC (Associación Espanola de Accionistas) in Spanien mit ihrer beim Gericht eingereichten einstweiligen Verfügung Erfolg haben und so die Kapitalerhöhung von ACS kippen. „Wir rechnen in den nächsten Tagen mit einer Entscheidung des Gerichts“, sagte Cabras. Die BaFin hatte am Montag zwar die Übernahmeofferte der Spanier für Hochtief durchgewunken, aber an eine Auflage geknüpft. Es darf demnach zum Ende der Annahmefrist für den angebotenen Aktientausch im Januar keine gerichtliche Verfügung gegen die Kapitalerhöhung bestehen.

Auch bestehe weiterhin die Möglichkeit, dass Hochtief doch noch einen neuen Investor, einen sogenannten „weißen Ritter“, findet, sagte der Aktionärsschützer. Die anderen Optionen wie etwa eine Kapitalerhöhung, Wandelanleihe oder der Joker Leighton funktionierten nicht als Abwehrmaßnahmen. Zudem lehnt Hochtief die Verschmelzung mit der kapitalkräftigen australischen Tochter bislang ab, weil dann Leighton das Sagen im gesamten Konzern haben könnte.

„Wir raten unseren Aktionären, bis zur Veröffentlichung der Stellungnahme keine Entscheidung zu treffen“, sagte Lütkestratkötter. Der Konzern werde den Anteilseignern detailliert darlegen, welche Vor- oder Nachteile das ACS-Angebot hat. Bis dahin gebe es keinen Grund für hastige Entscheidungen: „Sie haben Zeit“, betonte der Konzernchef.

Der Hochtief-Betriebsrat sieht im Fall der geplanten Übernahme durch ACS die Existenz des ganzen Unternehmens in Gefahr. „Wir sind insgesamt bedroht“, sagte Konzernbetriebsrat Siegfried Müller am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur am Rande einer außerordentlichen Betriebsversammlung. Auch die deutsche Bauindustrie schlägt Alarm: „Die BaFin müsse sich fragen lassen, warum sie den Weg für ein Unternehmen freimache, das nachweislich überschuldet sei und gegen das derzeit in Spanien ein Verfahren wegen Bilanzfälschung laufe“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Michael Knipper, in Berlin.

BaFin und ACS werden das detaillierte Angebot an die Hochtief- Aktionäre nun an diesem Mittwoch im Internet veröffentlichen. Dann wollen sich auch die Spanier zum Angebot äußern, sagte eine ACS- Sprecherin. Nach der BaFin-Entscheidung kann ACS nun seinen Plan weiter verfolgen, seinen Hochtief-Anteil von knapp unter 30 Prozent schrittweise auf über 50 Prozent auszubauen.

Das Ziel hatte ACS- Konzernchef und Real-Madrid-Präsident Florentino Pérez ganz klar formuliert: „Wir wollen zum Weltmarktführer bei der Infrastrukturentwicklung aufsteigen.“ Die neue Gruppe werde in mehr als 60 Ländern präsent sein. Der Umsatz käme auf mehr als 35 Milliarden Euro bei einer Beschäftigtenzahl von rund 213 000 Mitarbeitern.

Hochtief-Vorstand und Betriebsrat des Essener Konzerns hatten in den vergangenen Wochen nichts unversucht gelassen, um die ACS-Pläne zu vereiteln. Doch weder fand sich bislang ein „weißer Ritter“, der dem Unternehmen zur Hilfe käme. Noch ist tatkräftige Hilfe von der Bundesregierung durch eine mögliche Verschärfung des Übernahmerechts zu erwarten.

Bereits am Montag hatte die australische Übernahmeaufsicht einen Berufungsantrag von Hochtief zum Fall ihrer finanzstarken Tochter Leighton abgelehnt. Damit muss ACS bei einem Angebot für Hochtief nicht auch noch ein Zwangsgebot für die teure australische Baugesellschaft Leighton abgeben. Hochtief wollte über diesen Umweg die Übernahme für ACS unerschwinglich machen. Leighton ist an der Börse mehr wert als der gesamte Mutterkonzern.