IG Metall und Arbeitgeber ringen um Pilotabschluss

Sindelfingen (dpa) - Zähes Ringen um eine Einigung in der Metall- und Elektroindustrie: Auch nach stundenlangen Beratungen von IG Metall und Südwestmetall war am späten Dienstagabend noch unklar, ob ein Streik in der Schlüsselbranche noch abzuwenden ist.

Als Knackpunkte der fünften Runde im Pilotbezirk Baden-Württemberg erwiesen sich die Forderungen der IG Metall nach unbefristeter Übernahme der Ausgebildeten und mehr Mitbestimmung der Betriebsräte beim Einsatz von Leiharbeitern.

Die Arbeitgeber fühlen sich durch diese Anliegen in ihrer unternehmerischen Freiheit zu stark beschnitten und pochen auf den Erhalt von Flexibilisierungsinstrumenten. In der Nacht zum Mittwoch sollte noch entschieden werden, ob weitere Gespräche sinnvoll sind.

Die Verhandlungen, von denen 3,6 Millionen Beschäftigte bundesweit betroffen sind, wurden in unterschiedlichen Zusammensetzungen geführt: Nach etwa zweistündigen gemeinsamen Beratungen am Dienstagnachmittag zogen sich die beiden Lager zu getrennten Besprechungen zurück. Dabei stimmte sich Südwestmetallchef Rainer Dulger mit der Spitze des Bundesverbandes Gesamtmetall ab, darunter Verbandspräsident Martin Kannegiesser. Der Gesamtmetallvorstand hält seine reguläre Sitzung an diesem Mittwoch in Stuttgart ab.

Nach den internen Treffen kamen die Verhandlungsdelegationen wieder zu einem Gespräch im kleinen Kreis zusammen. Darauf informierte IG-Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann die Hintergrundkommission mit Funktionären, Vertrauensleuten und Betriebsräten über den Stand der Diskussionen.

Deren Grundlage sind Empfehlungen einer gemeinsamen Expertenkommission von Gewerkschaft und Südwestmetall zu den qualitativen Themen. Die Entgeltfrage wird erst nach einem Durchbruch bei diesen Themen behandelt. Die Gewerkschaft verlangt 6,5 Prozent mehr Geld und besteht auf Lösungen für alle drei Forderungselemente. Die Arbeitgeberseite bietet bislang drei Prozent mehr Entgelt für 14 Monate an.

Vor den Gesprächen hatte Dulger die Gewerkschaft zum Einlenken aufgefordert: „Es wird darum gehen, ob sich die IG Metall in ihren grundsätzlichen Positionen bewegt.“ Auch Hofmann verlangte substanzielle Fortschritte bei den qualitativen Themen. In den Gesprächen werde jetzt geprüft, ob die Expertenkommission „belastbare Brücken“ gefunden habe, fügte er hinzu.

Die IG Metall argumentiert, mit ihren Ausnahmemöglichkeiten bei der Azubi-Übernahme den Arbeitgebern schon entgegengekommen zu sein. So sollen die jungen Menschen in der Regel unbefristet übernommen werden. Aber bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmens, bei Ausbildung über Bedarf und bei personenbedingten Problemen könne davon abgewichen werden.

Die Arbeitgeber wollen sich zwar Nachwuchskräfte sichern, lehnen bislang aber jeglichen Zwang ab - über die bisherige Übernahme nach der Lehre für zwölf Monate hinaus. Die Arbeitgeber haben dem Vernehmen nach insbesondere ein Problem mit Regelungen, die für die derzeit in Ausbildung befindlichen jungen Menschen gelten könnten. Damit hätten bereits getroffene Entscheidungen für die Firmen tarifvertraglich vorgegebene Folgen, die sie zum Zeitpunkt der Einstellung der Lehrlinge noch nicht hätten absehen können. Dulger betonte, die Unternehmen dürften nach einem Abschluss nicht weniger Ausbildungsplätze anbieten und weniger Flexibilisierungsmöglichkeiten nutzen können als heute.

Die Gewerkschaft will auch die aus ihrer Sicht ausufernde Leiharbeit eindämmen, durch die zunehmend Stammbeschäftigte verdrängt würden. Zudem würden Ausgebildete nicht dauerhaft übernommen, aber als Leiharbeiter wieder in derselben Firma eingestellt, berichtete ein Vertrauensmann der IG Metall bei einer kleinen Versammlung vor dem Verhandlungslokal. In den Gesprächen geht es nach Aussagen von Teilnehmern auch darum, ob ein Leiharbeiter nach einer bestimmten Zeit fest eingestellt werden muss.

Baden-Württemberg war am Dienstag Schwerpunkt der bundesweiten Warnstreiks mit rund 23 600 Metallern und Teilnehmern aus 133 Betrieben. Bundesweit beteiligten sich rund 53 000 Beschäftigte aus etwa 290 Betrieben an vorübergehenden Arbeitsniederlegungen. Seit Ende der Friedenspflicht zählt die IG Metall insgesamt über 750 000 Warnstreikende.

Hofmann sagte, falls es Schritte in die richtige Richtung gebe, werde am 22. Mai - ebenfalls in Sindelfingen - weiterverhandelt. Wenn kein Durchbruch absehbar sei, werde am Mittwoch die Große Tarifkommission der IG Metall, das oberste Entscheidungsgremium der Gewerkschaft, voraussichtlich über eine Urabstimmung zum Arbeitskampf abstimmen. Dieser könnte bereits in den Pfingstferien beginnen.